Karsten Kalweit:
Entspannung und Stressabbau. Tai Chi-Übungen für Büro & Home-Office
Meyer & Meyer 2022, 160 S., TB, € 20
ISBN 978-3-84037-818-8
Entspannung und Gymnastik im Büro? Eine gute Idee. Qigong sowieso. Aber Taijiquan? Dazu braucht man doch mehr Ruhe, mehr Zeit und vor allem mehr Platz. Mal abgesehen davon, dass die Kolleg*innen dann sicher komisch gucken würden. Karsten Kalweit versucht es trotzdem und stellt in seinem neuen Buch viele Ideen vor, wie man sich trotz Platzmangel mit Taijiquan im Bürostress entspannen kann. Dazu muss man natürlich die Form verkleinern, damit die Übungen auch in einen kleinen Aufenthaltsraum oder das eigene Büro passen. Also hat er bestehende Formen aus Chen-, Yang-, Wu- und Sun-Stil auf jeweils eine Kurzkurzform verknappt.
Wobei der Buchtitel nicht ganz korrekt ist, denn Karsten Kalweit beschreibt auf den ersten 70 Seiten zunächst einmal Qigong-Übungen. Er beginnt mit den »acht harmonischen Handwechseln«, die er aus Grundübungen des Wu-Stils entnommen hat und die nach Tieren benannt sind: Leopard, Schlange, Tiger. Danach folgen Übungen aus dem Sitzenden Qigong, was fürs Büro ganz besonders praktisch ist, weil man ja eh sitzt. Andere sollen im Mabu oder im Gongbu ausgeführt werden und sind damit schon sehr anspruchsvoll. Dann folgen die von ihm komprimierten Kurzformen, die er mit den fünf Elementen verknüpft. Pfiffig ist seine Idee, dabei gleichzeitig die unterschiedlichen Familienstile mit vorzustellen, denn die einzelnen Kurzsets orientieren sich am Chen-, Yang-, Wu-, Sun-Stil, an Xingyiquan oder Bagua- zhang. Seine Hoffnung ist, dass die Übenden dann gleichzeitig ein wenig in diese Stile hineinschnuppern und einen, wenn auch winzigen Einblick in die Unterschie- de nehmen können. So nennt er beim Chen-Stil die »ausladenden Bewegungen und die tiefen und weiten Stellungen«, beim Yang-Stil die »großen, regelmäßigen Bewegungen und die klare Struktur«, beim Baguazhang »Stabilität und Ausgeglichenheit« – er hat hier auf das Kreislaufen verzichtet. Dass das sehr vereinfacht ist, weiß der Autor natürlich auch.
Immer wieder betont er die Wichtigkeit der Entspannung und der langsamen Ausführung der Übungen und Formen, das Fokussieren auf das innere Erleben und geht sehr ausführlich auf die Atmung ein, die er präzise mit den einzelnen Figuren synchronisiert. Die Beschreibungen sind gut nachvollziehbar und können zu- sammen mit den klaren Fotos mit Karsten Kalweits sympathischem Ansatz, die Formen pragmatisch zu vereinfachen, auch für Fachfremde einen möglichen Zugang zum Taijiquan bieten. »Richtig« lernen kann man das dann immer noch. Ein Problem kann allerdings – vor allem für Mabu und Gongbu – manche Businesskleidung sein wie enge Röcke und Hosen oder Schuhe mit Absätzen. Die Schuhe kann man ja noch ausziehen …