TQJ 2/2024

Rezensent:
Georg Patzer

Jan Silberstorff:
Taiji direkt: Der Weg zu effektivem Selbstschutz
Lotus Press 2024, 2 DVDs, 5 Std. 46 Min.
ISBN 978-3-910660-26-7

Selbstverteidigung mit Taijiquan ist ganz einfach. »Das Wesentliche ist: Achtsamkeit.« Das Beste ist, die Situation zu deeskalieren. Das vielleicht Schwierigste ist, mit der Angst umgehen zu lernen. Nicht jede von uns ist ja ein Straßenkämpfer, geht abends raus, um sich zu kloppen, kennt Schmerzen und kümmert sich nicht drum. Und dann kommen die drei großen Prinzipien, die wir auch aus dem Taijiquan kennen: »Aufrichtigkeit, Entgegenkommen, Mitgefühl«.

Das hört sich ein bisschen seltsam an, und ob die Formulierungen nicht alle mit einem kleinen Augenzwinkern ausgesucht sind, weiß man bei Jan Silberstorff, der übrigens als Jugendlicher in Hamburg ein Punker und an Gewalt gewöhnt war, nicht immer. Auf seinen beiden DVDs, mit denen er einen effektiven Selbstschutz präsentiert, deutet er diese drei Begriffe so, dass sie zu unserem Taiji-Training passen. Und dann wird es tatsächlich auch einfach: »Aufrichtigkeit« hat bei ihm auch mit der aufrechten Haltung zu tun, der korrekten Körperstruktur, »Entgegenkommen« heißt, dass wir »die Aktion des Angreifers im allerersten Ansatz unterbrechen«, indem wir in ihn hineingehen und »den anderen umhauen«. Und das »Mitgefühl« bedeutet im Kampf, dass wir den Gegner und seine Aktionen fühlen, eigentlich schon bevor er sie ausführt – was wir im Pushhands trainieren. Natürlich bedeuten die Worte dennoch auch das, was sie im Alltag bedeuten, denn es geht ja nicht um die Entwicklung unserer eigenen Aggressionen.

Noch ein Merksatz von ihm: »Das Entscheidende ist das gongfu, nicht die Technik.« Und so demonstriert Jan Silberstorff für die effektive Selbstverteidigung nur eine einzige Bewegung, die dann zwar Anschlusstechniken haben kann, aber: »Die erste Bewegung muss intuitiv sitzen, auch bei Schreck. Und das muss ein Wirkungstreffer sein, denn sonst werden die Angreifer nur wütender.«

Und so reagieren wir besser nicht mit der kriechenden Schlange oder der einhändigen Peitsche bei einem Angriff: »Filigrane Techniken sind schön, aber funktionieren dann oft nicht, wenn man nervös ist oder das Adrenalin hochschießt.« Auch Weglaufen ist übrigens gut zur Selbstverteidigung. Und so stellt er auch Übungen vor, mit denen man Auseinandersetzungen gut aus dem Weg gehen, der Konfrontation elegant und praxisnah ausweichen kann: »Jeder nicht geführte Kampf ist ein gewonnener Kampf.«

In den zwei DVDs zeigt Jan Silberstorff seine Herangehensweise sehr klar und humorvoll und so spontan, wie diese Filme ganz offensichtlich auch entstanden sind. Er geht auf Spiralbewegungen ein, auf Hebel und ob sie immer funktionieren, und am Schluss noch auf Waffen wie Sprays, Regenschirme, Stöcke, Bierflaschen oder Scheren, Pistolen oder Messer: »Messer kann man nicht abwehren.« Die DVDs sind eine sehr schöne Einführung in das Konzept der Selbstverteidigung im Taijiquan und wie man mit Gefahrensituationen umgeht. Sie sind, wie er sagt, für das Mindset, danach ist das Training dran.