TQJ 3/2017

Rezensent:
Markus Maria Wagner

Yang, The-Za:
Das ostasiatische Qi (氣)-Konzept als Denkparadigma zwischen Religion und Wissenschaft
Tectum 2011, 382 Seiten, € 29,90
ISBN 978-3-8288-2674-8

Als Taijiquan- und Qigong-Übender mit großem Interesse an den weltanschaulichen Grundlagen unserer chinesischen Künste wurde ich erstmal neugierig, was aus dieser Dissertation Neues zu lernen wäre. Auch der Untertitel »Religionswissenschaftliche Einordnung des Qi für die Heilung in Formen außerschulmedizinischer Methoden mit der Einbindung zu traditionell afrikanischen und christlichen Glaubenskonzepten« konnte mich dabei nicht abschrecken.

Bei der Lektüre wird allerdings schnell klar, dass das eigentliche Thema ein sehr spezielles ist: Überlegungen über das »Qi-Gottes« und eine Zusammenschau von Theorien über Heilungsgeschehen unter Qi-Einfluss, und zwar speziell in Korea und in einer aus daoistischen, christlichen und schamanistischen Elementen entwickelten synkretistischen Perspektive, in der mit einer Identifikation von »heiliger Geist« und »Qi« experimentiert wird – was an sich eine bereichernde Idee sein kann.

Das Ganze ist dann aber leider nicht immer gut nachvollziehbar aufgebaut, sondern unter gelegentlich etwas un- kritischer Übernahme von Weltsicht und Jargon so verschiedener Autoren wie Stanislav Grof, Rupert Sheldrake, C. G. Jung, David Steindl-Rast, Karlfried Graf Dürckheim, Fritjof Capra und anderer, deren Zitate nur in den seltensten Fällen von religionssoziologischen Forschungspositionen abgegrenzt und kritisch be- trachtet werden. Immerhin hat das Überblickskapitel 1 »Charakteristika des Qi« einiges Interessante über Qi und Begriffe wie Hun und Po, die Meridiane und die Wandlungsphasen zu bieten, darunter einige in ihrer Pointiertheit inspirierende Formulierungen wie zum Beispiel die vom »struktiven yin und aktiven yang«. Vieles ist aber lediglich in Zitaten nebeneinandergestellt und in dieser Konstellation verschiedener Meinungen auch für den »gelehrten Laien« letztlich eher verwirrend als klärend – ein Fazit müsste man sich schon selbst zusammensuchen. Wer sich über das chinesische Lebenskraftkonzept Qi unterrichten will, das die Grundlage der chinesischen Kultivierungskunst Qigong – und nach Ansicht der meisten auch der Kampfkunst Taijiquan – bildet, ist mit dem Klassiker von Manfred Kubny (»Qi – Lebenskraftkonzepte in China«) bei Weitem besser bedient.