Erich Wühr / Claudia Nichterl:
Chinesische Medizin und Lebenskunst. Die Grundlagen des Yang Shen
Systemische Medizin 2015, 130 S., 19,95 EUR
ISBN 978-3-86401-200-6
Noch ein Buch über chinesische Medizin? Gibt‘s noch nicht genug? Kurze Antwort: Nein. Zu viele halten die chinesische Medizin immer noch für Hokuspokus und Placebo. Und die, die sich dafür interessieren, sollten die Chance haben, gute Bücher darüber zu finden. So wie dieses. Erich Wühr ist Zahnarzt und Osteopath und arbeitet in Bad Kötzting, wo sein Verlag Partner der dortigen TCM-Klinik ist, Claudia Nichterl ist Ernährungsberaterin. Auftakt zu einer ganzen Reihe von Büchern über einzelne Krankheiten soll dieser Überblicksband »Chinesische Medizin und Lebenskunst« sein. In der richtigen Mischung von Ausführlichkeit und Knappheit erklärt Erich Wühr wohltuend zugewandt alle nötigen Theorien und Praktiken, die Wandlungsphasen und ihre Zyklen, Yin und Yang, Qi, Jing, Xue, Shen und Jinye, die Meridiane und die Behandlungsmethoden: Akupunktur, Moxa, Tuina, Qigong und »Meridianmassage«, über die Ernährung schreibt Claudia Nichterl.
Mehrere Punkte sind in diesem Buch sehr angenehm: dass Erich Wühr einfach zu erklären vermag, dass er nicht dogmatisch an die Sache herangeht, dass er auch die Grenzen der TCM betont und die wichtige Zusammenarbeit mit der »Schulmedizin«, dass er stets die Aussprache der chinesischen Wörter angibt. So weiß er im Unterschied zu anderen Autoren genau, dass es Unsinn ist, einem Menschen zu empfehlen, mitten in der Nacht aufzustehen, um dann den Lebertee einzunehmen, oder dass man logischerweise versuchen muss, Qigong in den Berufsalltag zu integrieren – nicht andersherum.
Ein bisschen ärgerlich ist sein Buch sprachlich, weil es an einigen Stellen doch zu ungenau oder sogar falsch ist. Geschichte ist nicht sein Fach: So schreibt er einmal von der »Erfahrung von Jahrtausenden«, einmal meint er zu wissen, dass Mao Zedong höchstpersönlich »ausgewählte Verfahren (…) per Gesetz schnell wieder hoffähig« machte. Ganz unnötig spielt er westliche (empirische) Wissenschaft gegen östliche aus. Manchmal streift er sogar die unfreiwillige Komik, wenn er es für wichtig hält, dass der TCM-Therapeut »die Akupunkturpunkte genau« treffen müsse.
Das sind aber nur Kleinigkeiten. In den Übungen und den wichtigen theoretischen Teilen ist er meist präzise und schreibt allgemeinverständlich, ohne Jargon und ohne Überheblichkeit. Und so ist das Buch für alle Laien, die sich für TCM interessieren, sehr zu empfehlen.