TQJ 01/2014

Rezensentin:
Dietlind Zimmermann

Michael Stefan Metzner:
Achtsamkeit und Humor. Das Immunsystem des Geistes
Schattauer 2013, 164 Seiten, 19,99 EUR

ISBN 978-3-7945-2936-0

Achtsamkeit ist in aller Munde. In Folge des westlichen Interesses an östlichen meditativen Methoden wurde der Aspekt der Achtsamkeit gleichsam aus den alten Methoden extrahiert und in wissenschaftlich flankierte Methoden wie MBSR (Mindfullness-Based Stress Re-duction) übertragen – weltanschauungsfrei, wie es so schön heißt. Damit findet Achtsamkeit zunehmend im klinisch-therapeutischen Kontext ihren Platz. Diese Schnittstelle ist für Taijiquan- und Qigong-KennerInnen nicht erstaunlich.
Gleichwohl kann es nicht schaden, den Aspekt der Achtsamkeit immer wieder in den Fokus zu holen: seine Bedeutung für das Üben und seine Bedeutung für den Kontakt zwischen Lehrenden und Lernenden. Hier finden sich mühelos Parallelen zu dem, was im vorliegenden Buch für den Kontakt zwischen Therapeut und Klient beschrieben wird.
Doch wie ist es mit Humor? Ist er Teil unserer Übungsmethoden? Oder passt er zu ihnen? Und welche Funktion könnte er erfüllen? Diese Fragen stellt Dr. phil. Metzner in Bezug auf die Arbeit als Psychotherapeut und untersucht die Gemeinsamkeiten der zwei scheinbar so unterschiedlichen inneren Ausrichtungen dem Leben gegenüber. Beide zusammen ergeben für ihn eine Art »Immunsystem des Geistes«.
Achtsamkeit zeigt sich als das probate Mittel, uns ins Hier und Jetzt zu befördern, uns aus unheilsamen Gedankenschleifen zu befreien. Michael Stefan Metzner beschreibt im ersten der drei Hauptteile die Zusammenhänge zwischen unserer »normalen« Weltwahrnehmung und sich zeigenden psychischen Problemen sehr gut und macht deutlich, in welcher Weise und warum Achtsamkeitstraining heilsam wirkt und wie es inzwischen auch therapeutisch genutzt wird.
Im zweiten Hauptteil widmet er sich genauso systematisch dem Humor. Auf der Basis einer guten Definition, die ihn abgrenzt von anderen Formen wie etwa Zynismus, analysiert er, was Humor für unser Bewusstsein leistet. Und siehe da, etwas sehr »Östliches« tritt auch hier zutage: Humor bringt uns in eine gesunde Distanz zu unserem Selbstbild und unseren Erwartungen. Humor ist für ein aufgeblähtes Ego wie eine Stecknadel für einen Luftballon. Damit wird auch klar: Humor bedeutet vor allem, dass man über sich selbst und über eigene Erfahrungen des Nicht-Gelingens lachen kann.
Im dritten Teil werden verschiedene praktische Anleitungen zum Erlernen von Achtsamkeit, aber auch zum Einüben einer humorvollen Haltung gegeben. Dies geht von einfachen mentalen Übungen, Anleitungen zur Sitzmeditation über einfache Yoga-Übungen bis zu einigen Vorstellungsübungen, wie man das »humorvolle Schmunzeln« lernen kann.
Der Autor, studierter Psychologe, Philosoph und Pädagoge, der nach akademischer Tätigkeit seit 2003 als klinischer Therapeut arbeitet, hat selbst langjährige Meditationserfahrung. Sein Buch ist ein Lesevergnügen, in dem auch mit Anekdoten und selbstironischen Beispielen aus dem eigenen Alltag nicht gegeizt wird. Ich sehe das lachende Gesicht des Dalai Lama vor mir, ähnlich wie das Foto auf dem Cover des Buches.