TQJ 04/2008

Rezensentin:
Dietlind Zimmermann

Stefan Klein:
Zeit. Der Stoff aus dem das Leben ist. Eine Gebrauchsanleitung
Fischer Taschenbuch 2008, 320 Seiten, 8,95 Eur[D]/9,20 Eur[A]/16,80 CHF
ISBN: 978-3-596-16955-9

Wir alle leben (scheinbar) unter dem Diktat der Uhren, der äußeren, gemessenen Zeit. Aber was ist Zeit eigentlich? Ist sie etwas objektiv Gegebenes? Ist sie etwas von außen auf uns Einwirkendes? Ist der Rhythmus, in dem sich die Zeiger der Uhr bewegen, der, in dem wir uns bewegen müssen?
Stefan Klein, studierter Physiker, Wissenschaftsjournalist und ehemaliger Spiegelredakteur, erläutert auf der Basis aktueller wissenschaftlicher Forschungsergebnisse, warum die Zeit zwei Gesichter hat: ein objektives (das tickende Maß der Uhren) und ein subjektives.

Diese zweite Seite ist Praktizierenden des Taijiquan und Qigong natürlich bestens vertraut. Deshalb erstaunt es auch nicht, dass »der Schattenboxer im Park« vom Autor genauso als Beispiel für eine besondere Qualität der Zeitwahrnehmung angeführt wird wie das Erleben einer japanischen Teezeremonie.

Ganz im Trend heutiger Wissenschaft sind es vor allem die Erkenntnisse aus der Hirnforschung, mit denen der Autor die verschiedenen Facetten subjektiver Zeit erläutert. Gut strukturiert und sprachlich leicht nachvollziehbar werden Themen wie die Frage nach der biologischen Uhr bearbeitet, nach unserer Empfindungsfähigkeit für Zeitmaß (ab welchem Lebensalter haben wir ein Empfinden für Zeiträume und wie macht unser Gehirn das?), aber auch die eher psychologischen Aspekte des Zeitgefühls. In diesem Zusammenhang widmet er sich besonders dem Gedächtnis, das auf neurologisch verschiedenen Wegen Vergangenheit entstehen lässt. Und beleuchtet, was denn eigentlich unter Gegenwart zu verstehen sei – besonders interessant für alle, die das Verweilen im »Hier und Jetzt« üben.

Schließlich macht Stefan Klein deutlich, dass die sogenannte innere Zeit für unser Leben und Erleben eine weitaus größere Bedeutung hat als gemeinhin angenommen. Für unseren lebenspraktischen Vollzug am bedeutsamsten allerdings ist das Ausmaß, in dem wir unser Zeitgefühl – die innere Zeit – beeinflussen können. Denn mit dieser Erkenntnis, so Stefan Klein, ist dem sich von Zeitnot gestresst fühlenden Mensch der Gegenwart zugleich die Möglichkeit zur Selbstbefreiung aus diesem Stressfaktor gegeben.

Der Autor verpackt seine Tipps dazu in kleine praktische Hinweise und rechtfertigt so den Untertitel »Eine Gebrauchsanweisung«.
Welche Rolle Taijiquan und Qigong beim Einüben eines anderen Umgangs mit der Zeit spielen können und warum es funktioniert, dafür liefert dieses Buch einige gute Argumente.