TQJ 3/2020

Rezensent:
Georg Patzer

Chen Jumin:
Yiquan. Mit medizinischem Aspekt Körper und Geist zugleich kultivieren
Verlagshaus der Ärzte 2020, 2. Auflage, 160 Seiten geb., € 24,90,
ISBN 978-3-99052-215-8

Ganz einfach: »Sich konzentrieren, sich entspannen, natürlich atmen«. Das sind die drei Pfeiler der Kampfkunst des Yiquan. Aber selbst dieser klare Merksatz führt ja in ungeahnte Tiefen, allein das Zhanzhuang bietet genug Aspekte für ein lebenslanges Training. Für Chen Jumin ist das Wechselspiel von Anspan- nung und Entspannung wichtig, aber »nur auf der Grundlage weitreichender Entspannung können wir dann wieder ein Optimum an Spannung aufbauen«. Ein Optimum, nicht ein Maximum. Und Chen Jumin warnt vor zu großem Eifer, ein richtiger Rhythmus ist nötig. Ein Hauptpunkt des Trainings von Yiquan sind »ausgeklügelte Vorstellungsbilder«: Dadurch werden Empfindungen erzeugt, die im Körper Muskelbewegungen bis in tiefe Schichten auslösen und zur umfassen- den Gesundheit zum Beispiel der inneren Organe beitragen. Innere Kraft wird systematisch aufgebaut, die explosionsartig freigesetzt werden kann.

Chen Jumin stellt auf sehr einfache, aber nie platte und manchmal humorvolle Weise die Theorie des Yiquan vor, pragmatisch vor allem auf die Trainingsinhalte bezogen, und einige der ersten und grundlegenden Übungen. Neben und nach dem eminent wichtigen Zhanzhuang spielen das Testen und Weiterentwickeln der inneren Kraft (Shili), das Training der Schritte, Tuishou und Fali (Explodieren der Kraft) wichtige Rollen. Innere Balance und Harmonie sind dabei die Zauberworte, die der Autor immer wieder nennt.

Im zweiten Teil zeigt er leicht fasslich, wie man vom passiven »Stehen im Wasser« über das aktive Stehen beim Zhanzhuang zum »unklaren Gefühl« vorgeht, »dass wir ein unklares Gefühl haben, ob wir aktiv sind oder das Wasser uns bewegt«. Sehr schnell spürt man, wie diese einfachen Übungen wirken, wie sich das Gefühl im Körper verändert. Die Vorstellung eines Bretts oder eines Luftballons sind weitere Hilfen, und Michael Bouda, einer seiner Schüler, zeigt Übungen gegen Rückenschmerzen. Auch hier sind es winzige tatsächliche, durch die mentale Arbeit sehr wirksame Bewegungen. Und sie sind alle auch im Sitzen, im Liegen und im Rollstuhl, mit Bewegungseinschränkungen und sogar Lähmungen übbar.

Es schließen sich »Schieben und Ziehen«, »Heben und Senken«, »Öffnen und Schließen« an, bevor es zu den Schrittübungen geht. Und wieder zum Zhanzhuang – auf der nächsten Ebene. Das Fali schließt die Reihe der Einzelübungen ab, sie alle werden vor allem mit innerer Aufmerksakeit und Visualisierungen geübt. Auch für das Taiji-Training kann man hier wunderbar lernen.