TQJ 4/2022

Rezensent:
Georg Patzer

Bernadett Gera:
Emotionale Balance finden. Mit der Traditionellen Chinesischen Medizin Gefühle verstehen und integrieren
Irisiana 2022, 176 S., Pb., € 20,
ISBN 9783424154320

Vieles im neuen Buch von Bernadett Gera ist vage. Gleich am Anfang schreibt sie über verdrängte traumatische Erlebnisse und verspricht: »Neuromuskuläre Erinnerungsspuren, welche nachweislich bei jedem emotionalen Erlebnis im Körper hinterlassen werden, können mit gezielten Übungen nachhaltig aus dem Körper gelöscht werden.« Traumatherapeut*innen wissen, dass es schwierig sein kann, grade verdrängte Inhalte so zu bearbeiten, dass sie die Betroffenen nicht mehr beeinflussen. Bei Bernadett Gera läuft das Versprechen auf Heilung auf den ebenso vagen Satz hinaus: »Sobald Qi wieder frei fließen und zirkulieren kann, lösen sich die damit zusammenhängenden energetischen Strukturen, Emotionen und körperlichen Beschwerden von selbst auf.«

Und das ist die Krux bei solchen »Qigong-Selbsthilfebüchern«: Ein kaum einzulösendes Heilsversprechen trifft auf eine unpräzise, metaphernreiche Sprache: Für sie sind Emotionen »mächtige Energieteilchen, die gelenkt werden können« und »bestehen aus tatsächlichen, materiell vorhandenen Molekülen, die mit elektromagnetischer und Quantenenergie schwingen«. Unter Quantenmechanik macht es kaum noch ein Autor oder eine Autorin, egal ob sie verstanden wurde oder ob es für das Buch überhaupt eine Rolle spielt. Geht es nicht auch ein bisschen bescheidener und pragmatischer?

Dabei hat Bernadett Gera durchaus einige gute und interessante Ansätze und Übungen zu bieten, mit denen man »Gefühle verstehen und integrieren« kann, wie es im Untertitel heißt. Sie schlägt zum Beispiel vor, dass man seine Gedanken oder seinen Atem mal beobachten sollte und dann schauen, was das in einem bewirkt. Sie zeigt Leitbahnen und Akupunkturpunkte (allerdings etwas grob), die man drücken, klopfen oder massieren kann, um sich zu entspannen. Sie versucht, die Lesenden dazu zu bringen, auf den Körper zu lauschen, die Schwach- und Schmerzpunkte, und herauszufinden, was sie einem sagen wollen.

Sie zeigt ausführlich und gut erklärt einige Übungen für Milz, Magen, Leber und Herz, die mit guten Fotos ergänzt werden. Allerdings ist der praktische Teil eher kurz, während der Theorieteil ein wenig ausufert, auch wenn sie immer wieder kleine, einfach zu praktizierende, schöne Übungen hineinstreut. Sie versucht zu beschreiben, wie Körper und Psyche miteinander zusammenhängen und sich nach der TCM-Theorie gegenseitig beeinflussen.

Auch hier überwiegt die oft so ungenaue metaphern- und bilderreiche Sprache, einmal schreibt sie sogar von einer »Emotion des Verrats«. Bernadett Gera hat sich zur Vielschreiberin entwickelt, es ist ihr achtes Buch über Qigong – vielleicht leidet darunter mitunter auch die Qualität.