TQJ 02/2012

Rezensent:
Georg Patzer

Maik Albrecht / Frank Rudolph:
Wu – Ein Deutscher bei den Meistern in China

Palisander 2011, 368 S., 23,80 Euro
ISBN: 978-3938305126

Was kostet ein Meistertitel? Maik Albrecht und Frank Rudolph erklären in vielen Einzelheiten die Welt des Wushu.
 Zuerst war ich enttäuscht. Ich dachte, das Buch sei ein weiterer schöner Erfahrungsbericht eines Deutschen in China, im Wudang, so etwas wie Yürgen Osters und Lilo Ambachs Klassiker »Ohne Gnade«. Aber Maik Albrecht hat mit Frank Rudolph etwas gänzlich anderes geschrieben, und manches davon ist richtig gut.
 Die beiden gehen einigen wichtigen und vielen immer wieder gestellten Fragen nach: »Was ist Wushu, was ist Gongfu? Was unterscheidet die Kampfkünste voneinander? Ist es überhaupt sinnvoll, eine Differenzierung vorzunehmen? Worin liegt der Unterschied zwischen modernen und traditionellen Methoden?« 
Und sie haben Antworten. Ihr Buch beginnt mit einer »kurzen Darstellung des Wushu«, erklärt das Wesen der Kampfkunst anhand der chinesischen Schriftzeichen und geht auch auf die Begriffe Wuji und Guocui, »Essenz der chinesischen Kultur«, ein, auf Wuyi und Shoubo.
So ausführlich ist Maik Albrecht, seit vielen Jahren Schüler von Li Zhenghua, mit seinem Koautor Frank Rudolph immer, wenn er irgendetwas erklärt über Theorie und Geschichte des Wushu. Man bekommt kurz, aber umfassend Auskunft über bekannte und weniger bekannte Stile, über die Waffen (neben »Säbel und Schwert« schreiben sie hier auch über »Fransen und Blut«), die Trainingsprinzipien (hier erwähnen sie vor allem Kraft, Weichheit, Härte und Jin) und Trainingsmethoden wie Dehnung, Gong-Übungen, Zhan Zhuang und die passenden Trainingsgeräte (leider fehlt ein Register). Die Autoren kommen auch auf »Yip Man und die Vermarktung des Wingchun« zu sprechen und auf die »Scharlatane im Wushu«, sie diskutieren »Sinn und Unsinn der Graduierungen« und fragen frech: »Was kostet ein Meistertitel?«
Maik Albrecht und Frank Rudolph scheuen sich nicht vor eigenen Meinungen. Leider verfranst sich das Buch ein wenig, wenn Maik Albrecht über die vielen Meister spricht, mit denen er Kontakt hatte oder bei denen er in seinen Jahren in China trainiert hat und noch trainiert: Er lebt noch immer in China und hat die Tochter seines Shifu geheiratet. Überhaupt ist das ansonsten lobenswerte Buch sprachlich oft ein wenig steif und unbeholfen, manchmal redundant und anekdotenhaft. Vor allem in den Beschreibungen der Meister könnte es lebendiger und anschaulicher sein, man merkt, dass Maik Albrecht eher Kampfkünstler und Sinologe als Autor ist. Inhaltlich ist das Buch eine Fundgrube.