TQJ 3/2011

Rezensent:
Georg Patzer

Yang Chengfu:
»Das vollständige Buch von Form und Anwendung des Taijiquan«
herausgegeben, übersetzt und illustriert von Matthias Wagner,
Zehnthaus 2011, 192 Seiten, 49,50 EUR
ISBN 978-3-00-033770-3

1934 ließ Yang Chengfu, der Enkel des Yang-Stil-Begründers, ein Buch drucken »über die grundlegende Übungsmethode« inklusive »Schiebende Hände« und das »Große Ziehen« (Dalu). Ein Buch, das nicht nur die Langform detailliert beschreibt, sondern sie auch mit Fotos von ihm selbst illustriert, wie er die Form läuft – ein wertvoller Schatz für alle his-torisch Interessierten, aber auch für die, die diese Form jetzt noch üben. Denn manchmal fragt man sich ja schon: Wie sind eigentlich die Alten diese Form gelaufen? Üben wir selbst noch traditionell oder haben wir die Form schon verändert?

1948 hat Yang Shouzhong die Druckplatten benutzt, um das Buch seines Vaters noch einmal herauszugeben – seitdem ist es nie wieder erschienen. Jetzt hat ein Enthusiast, Matthias Wagner, Künstler und Illustrator aus Baden-Baden, sich die Mühe gemacht, das Buch neu aufzulegen, zweisprachig. Dazu lernte er mal eben Chinesisch, denn der Text musste ja auch (erstmals!) übersetzt werden, bis er mit der Hilfe von Lexika verständliche und vollständige Sätze bilden konnte.
Wagners zweite Hauptarbeit war die Bearbeitung der Fotos. Denn die waren in der 48er Auflage so schlecht und verdüstert, dass man oft gar nicht mehr erkennen konnte, was Yang Chengfu eigentlich genau machte, wie er seine Hände hielt, wo sein Ellenbogen war. Also hat Wagner jedes einzelne Foto abgezeichnet und dabei Tiefe und Klarheit genau herausgearbeitet, bis zu den Falten und Schatten, die Hose und Jacke werfen.

Es ist erstaunlich zu sehen, zu welcher Fuß- und Hüftstellung Yang Chengfu fähig war und dass es dann noch entspannt aussieht. Eindeutig ist auch, wo das Gewicht ist: »Beuge das Knie, ›sitze‹ stabil darauf«, heißt es. Seine Anweisungen zum Ausführen der Bewegungen und Bilder sind sehr deutlich und umfassend und gehen stets von der Kampfkunst aus: »Nimm an, der Gegner …« beginnen häufig seine Sätze: »Werden all diese Bewegungen gleichzeitig ausgeführt, kann der Gegner nicht damit umgehen und fällt.«

Wagners Übersetzung ist wortgetreu, und, da er selbst Taijiquan übt, von einem Verständnis für die Bewegung an sich geprägt. Manches ist dennoch ein wenig holprig formuliert. Aber das ändert nichts daran, dass man hier endlich einen der grundlegenden Klassiker studieren kann. Allein wegen seiner Illustratio-
nen gehört das großformatige Buch sowieso in jeden Taiji-Bücherschrank.