TQJ 01/2015

Rezensent:
Helmut Oberlack

Kenneth van Sickle:
Tai Chi Sword
Taiji Europe 2014, englisch, geb., 94 Seiten, 14,99 EUR
ISBN 978-0-9928015-0-2

Ken van Sickle ist einer der amerikanischen Hauptschüler von Zheng Manqing. Bevor er zu Zheng Manqing kam, hatte er schon viele Jahre Karate geübt und sich auch mit den japanischen Schwertkünsten beschäftigt. Dem Schwert(-kampf) galt sein besonderes Interesse und so hat er seit vielen Jahren einen sehr guten Ruf als »Schwertspezialist«. Von daher war ich gespannt auf sein Buch. »Tai Chi Sword« ist nicht vergleichbar mit »normalen« Taiji-Büchern. Nirgendwo geht es darum, eine Schwertbewegung zu beschreiben oder gar eine Form zu vermitteln. Was die Form angeht, so listet er lediglich einmal die Namen der Figuren der Schwertform nach seinem Meister auf – etwas, auf das das Buch auch hätte verzichten können.

Denn es besticht durch etwas anderes. In vielen kurzen Kapiteln, manchmal nur eine Seite lang, gibt Ken van Sickle den LeserInnen zahlreiche Anregungen zum Nachdenken, zum Ausprobieren, zum Erforschen, sei es zu den Schwertfingern, zum Griff, zum Troddel, zum Knauf, zur Strategie, zur Kraft, zum Fajing, zu den Gelenken, zur Ausrichtung, zur Anwendung, zum Dantian, zum Qi, zum Xin, zu den Unterschieden zum westlichen Fechten, zum Schwert an sich, zur Führung des Schwertes und und und. Dazwischen stehen immer wieder Gedanken und Zitate von berühmten Weisen und Meistern wie Laozi oder Mitsuyoshi oder auch mal von Richard Burton.

Man kann irgendeine Seite aufschlagen, lesen und die Worte in sich wirken lassen. Es spielt keine Rolle, ob man das Buch von vorne, von hinten oder kreuz und quer liest. Es ist wie ein Mosaik, aus vielen kleinen Einzelteilen ergibt sich das Bild.

Es ist allerdings kein Buch für AnfängerInnen. Ohne gute Vorkenntnisse und Erfahrungen im Taiji-Schwert wird es nicht zu verdauen sein, wird es keinen Gewinn bringen. Ken van Sickle schreibt in seinem Vorwort, dass er den LeserInnen etwas geben will »to chew on«, und das ist ihm gelungen. Allerdings muss auch unser Verdaungssystem darauf vorbereitet sein. Aber wenn dem so ist, dann ist es lohnenswert.

Ein schönes Buch, das ich immer wieder zur Hand nehmen werde, um mal ein, zwei, drei Seiten zu lesen und darauf rumzukauen. Ein bisschen schade, dass es noch keine deutsche Übersetzung gibt.