TQJ 1/2022

Rezensent:
Georg Patzer 

Patrick A. Kelly:
Unendliches Dao
Taiji Book 2013, 360 S. geb., € 45, CHF 50, ISBN 978-0-473-25478-0
Erhältlich über worldwideway.org/patricksbooks.html

Patrick Kelly ist einer der bekanntesten Taiji-Lehrer aus dem westlichen Kulturkreis. Wie die meisten Großen hat auch er sich schon früh für Kampfkünste begeistert und sie als sein Lebensziel begriffen. Gelernt hat er vor allem bei Huang Xingxian, einem Schüler des berühmten Zheng Manqing. In seinem schön und edel aufgemachten Buch »Unendliches Dao« erzählt er von seinem Leben und seiner Lehr- und Lehrerzeit in Südostasien, Neuseeland und Rajasthan. Gelernt hat er nicht nur Taijiquan, sondern auch bei einem Yogi und einem Sufi.

Sein Buch ist voller praktischer und vor allem auch geistiger Hinweise auf sein Übungssystem, die zwar oft nicht genau ausgeführt werden, aber das liegt in der Natur der Sache. Sehr schön verbindet Patrick Kelly seine praktischen Hinweise mit seiner eigenen Entwicklungsgeschichte. So lernen wir sein Konzept kennen, das richtige Dehnen, den vertikalen und den horizontalen Kreis, die wellenartige Bewegung des Körpers, die fünf inneren Sinne, tiefes Gewahrsein, tiefe Intelligenz und vieles mehr. Vor allem aber den absoluten Vorrang des inneren Wachstums, die Entwicklung des »Tiefen Geists«, den er durch viel Üben sowie geduldiges und sensibles Aufnehmen und Integrieren der Hinweise seines Lehrers verwirklicht hat.

Irritierend ist allerdings seine Überheblichkeit, mit der er fast alle Schüler, Schulen und Lehrer pauschal als »oberflächlich« abwertet, die nicht nach seinem und dem System seines Meisters Huang lernen und üben: »Sie schafften es nicht, zuinnerst anzuerkennen, welche außergewöhnlichen Möglichkeiten in der Richtung liegen, in die ich sie führte«, schreibt er einmal über seine Schüler. Über seinen Besuch in China 1987 schreibt er, dass es dort keine jüngeren Taiji-Lehrer mit tiefem Wissen gab – was Taiji-Übende nicht nur aus Chenjiagou doch etwas erstaunen wird. Und ob man glaubt, dass Dschinns reale Wesen sind, dass ein Engel um 1200 n. Chr. menschliche Gestalt annahm, um die Rosenkreuzer zu gründen, oder dass man mit einem daoistischen Weisen telepathisch in Verbindung treten kann, bleibt allen Lesenden selbst überlassen.