Michael A. DeMarco (Hrsg.):
Tai Chi & the Daoist Spirit
Via Media Publishing Company 2017, 176 S., TB, ca. 24,60 €,
ISBN 9781893765467
Über 20 Jahre lang hat Michael DeMarco das »Journal of Asian Martial Arts«, eine wichtige Informationsquelle zu den asiatischen Kampfkünsten, herausgegeben. Seit die Zeitschrift eingestellt wurde, veröfflentlicht er themenspezische Zusammenstellungen der über 500 erschienenen Artikel zu diversen Bereichen wie etwa Kampfkunst für Kinder, den asiatischen Kampfkünsten in Kunst und Film, bestimmten Kampfkunststilen und -techniken, Taijiquan und Qigong für die Gesundheit. Es sind bereits 20 solcher Anthologien herausgekommen, ein Blick auf die Website von Via Media Publishing lohnt sich für alle, die ein Interesse an tiefer gehenden Informationen zu den inneren asiatischen Kampfkünsten haben. Einer dieser Bände ist dem Daoismus und seinem Ein uss auf das Taijiquan gewidmet. Acht Autoren beleuchten dieses Thema aus verschiedenen Perspektiven, ihre Beiträge sind ursprünglich zwischen 1993 und 2012 erschienen. Dabei erläutern Charles Holcombe, Dennis Willmont und Arieh Lev Breslow auf jeweils eigene Weise grundlegende daoistische Konzepte, Riten und Übungstraditionen, wobei das Streben nach »Unsterblichkeit« immer wieder eine große Rolle spielt, das die Entwicklung von gesundheitsfördernden Methoden sehr begünstigt hat. Aber auch in Bezug auf die kämpferische Anwendung des Taijiquan war der Daoismus prägend.
Douglas Wile beschreibt ausführlich die Bemühungen verschiedener Taiji-Traditionen, die Ursprungsgeschichte des Taijiquan mit dem Daoisten Zhang Sanfeng zu verbinden. Dabei geht es ihm darum zu zeigen, welche Rolle die Konstruktion und auch die Dekonstruktion einer Verbindung zwischen Kampfkünsten – insbesondere dem Taijiquan – und dem Daoismus in politisch-ideologischer Sicht, für die kulturelle Identität und bei kommerziellen Interessen gespielt haben. Ebenfalls aus historischer Perspektive geht Mark Hawthorne auf die seit einigen Jahrzehnten stattfindende Wiederbelebung daoistischer Traditionen in der VR China ein, wobei offen bleibt, inwieweit es gelingt, nicht nur Tempel wieder aufzubauen, sondern auch das traditionelle Wissen zu bewahren.
In seinem eigenen Artikel zeigt Michael DeMarco, wie sich durch das physische Üben von Taijiquan wesentliche daoistische Konzepte erschließen und sich die Übenden im Laufe der Zeit einem Zustand der Einheit mit dem Dao annähern können. Ein kurzer Beitrag von Stanley Henning über den berühmten daoistischen Philosophen und Kampfkünstler Ge Hong ergänzt die Betrachtungen über das Zusammenspiel von Daoismus und Kampfkunst. Etwas aus dem Rahmen fällt der Artikel von Greg Brodsky, in dem er das Taijiquan nach Prinzipien des Hatha Yoga betrachtet, um bewusst durch eine andere Perspektive noch tiefer in dessen Wesen vorzudringen.
Alle Beiträge dieses Bandes sind relativ akademisch gehalten mit mehr und weniger Anmerkungen und teilweise seitenlangen Bibliographien. Schon allein dadurch können sie für diejenigen, die sich intensiv mit dem daoistischen Gedankengut und dem Zusammenwirken von Daoismus und Taijiquan beschäftigen, zu einer Fundgrube werden. Etwas vermisst habe ich Angaben zu den Autoren, um einschätzen zu können, vor welchem Hintergrund sie zu ihren Erkenntnissen gekommen sind.
Insgesamt bietet das Buch eine Fülle von Informationen, die grade durch die unterschiedlichen Herangehensweisen dazu beitragen, sich selbst ein eigenes Bild von den Zusammenhängen zwischen Daoismus und Taijiquan zu machen.