Achim Keller / Dieter Kießwetter:
Die dunkle Seite des Taijiquan – Dim-Mak in der Peking-Form
Books-on-Demand 2016, 68 Seiten, TB, € 9,95 (D), € 10,30 (A)
ISBN 978-3-7441274-72-5
Der Titel „Die dunkle Seite des Taijiquan“ löste bei mir gleich Assoziationen nach „verboten“, „schlecht“ oder „furchtbar“ aus und machte mich natürlich auch neugierig. Ob das so von den Autoren gewollt war, lass ich hier mal offen. Das Thema „Vitalpunkte“ ist natürlich ein in allen Kampfkünsten wichtiges Thema, auch wenn es nicht oft behandelt wird und beim normalen Taiji-Unterricht schon gar nicht. Dim-Mak, der kantonesische Ausdruck für Dianmai oder Dianxue, bezeichnet das Manipulieren von Vitalpunkten eines Gegners. Viele Taiji-Übende wissen, dass es so etwas gibt, aber kaum einer kennt sich damit aus. Die Autoren möchten mit ihrem Buch diese wenig bekannte und damit dunkle Seite des Taijiquan beleuchten, was ihnen sicherlich gelingen wird.
Achim Keller, seit 1973 Budoka, 8. Dan-Grade in Karate und Kyusho-Jitsu, und Dieter Kieswetter, seit 1967 Kampfkünstler, 6. Dan-Grade in denselben Künsten und über 30 Jahre Taiji-Erfahrung, führen mit ihrem kleinen Buch in dieses sensible Thema ein, bei dem es um Möglichkeiten geht, einen anderen Menschen ernsthaft zu verletzen. Auf den ersten 20 Seiten erläutern sie die für das Dim-Mak wichtigen Grundlagen aus dem Taijiquan, der TCM und des Nervensystems. Sie verdeutlichen, dass die Wirkung der Manipulation der Vitalpunkte sowohl nach TCM-Gesichtspunkten erklärt werden kann als auch über das Reagieren des Nervensystems. Dafür ist es nicht unbedingt notwendig, die Punkte mit großer Kraft zu treffen, sondern es kommt auf den richtigen Winkel an und auch Druck oder Reibung können Wirkungen wie Schmerz, Lähmung, Gleichgewichtsstörungen oder Ohnmacht auslösen. Natürlich versäumen es die Autoren nicht, auf die Gefährlichkeit dieses Themas gleich mehrfach hinzuweisen, und sie raten dringend dazu, dies nur mit einem Lehrer zu üben, der sich auf spezielle Reanimationstechniken versteht.
Im praktischen Teil gehen sie die Peking-Form durch, Bild für Bild, Technik für Technik. Sie beschreiben kurz und klar, wie sich ein Verteidiger gegen einen Angreifer wehrt und dabei bestimmte Punkte manipuliert. Die dazugehörende Bebilderung ist gut und klar, die Bewegung wird einerseits durch Dieter Kieswetter alleine gezeigt (so wie man es aus Lehrbüchern zur Form kennt) und dann zusammen mit Achim Keller, der den Angreifer darstellt. Die betroffenen Vitalpunkte werden mit ihren TCM-Namen genannt (z. B. Leber 13) und auch auf anatomischen Zeichnungen markiert. So wird es sehr deutlich, um welche Punkte es sich handelt. Doch eine detaillierte Darstellung, wie die einzelnen Punkte genau manipuliert werden sollen, wird nicht gegeben. Das ist sicher auch sinnvoll.
Fazit: Eine gelungene Einführung in diese noch wenig bekannte Seite des Taijiquan. Die richtige Manipulation der Punkte ist natürlich eine Frage der Übung – selbstverständlich unter sachkundiger Anleitung.