TQJ 3/2018

Rezensent:
Helmut Oberlack

Jan Leminsky
Tai Chi – Die 24-Bilder-Beijingform
CreateSpace Independent Publishing Platform 2017, 206 Seiten, TB, € 16,80
ISBN 978-1-514138-69-4
(zu beziehen nur über Amazon)

Die 24-Figuren-Form, auch »Peking- Form« genannt, ist sicherlich die weltweit populärste Taiji-Form und auch im deutschsprachigen Raum weit verbreitet. Jan Leminsky, ein bekennender Fan dieser Form, hat nun ein umfangreiches Buch dazu herausgebracht, das weit mehr bietet als nur ihren Ablauf mit ein paar Informationen drumherum.

Schon gleich zu Beginn geht Jan Leminsky auf die Geschichte der Beijing-Form ein und räumt auf mit der weit verbreiteten Vorstellung, eine Kommission aus mehreren Taiji-Meistern hätte auf Wunsch der Regierung diese Form so entwickelt. In diesem Abschnitt geht er auch auf mehrere Variationen der Beijing-Form ein, die sich mittlerweile entwickelt haben. Hier betont er, dass die Beijing-Form sich aus dem Yang-Stil entwickelt hat und sich alle Prinzipien des Yang-Stils auch in dieser kürzeren Form wiederfinden, sofern sie denn richtig ausgeführt beziehungsweise unterrichtet wird. 

Das zweite Kapitel beinhaltet die Grundlagen: Stände, Handhaltungen und die fünf Punkte Baihui, Mingmen, Dantian, Laogong und Yongquan, wobei man darüber streiten kann, aber nicht muss, ob das Dantian ein Punkt ist oder nicht. Bei den Ständen habe ich den Hinweis vermisst, dass das belastete Knie nicht nach innen hereinfallen sollte. Ich denke, gerade für Übende der Beijing-Form ist das wichtig, da es viele Bilder und You-Tube-Videos gibt, wo ich schon beim Zusehen Knieschmerzen bekomme. Und etwas verwundert war ich, als ich las, die Hakenhand würde nur mit der rechten Hand ausgeführt. 

Anschließend stellt Jan Leminsky Grundübungen vor, die als eine Art von »Drill« fester Bestandteil seines Unterrichts sind. Es sind acht typische Taiji-Bewegungen wie Wolkenhände, Kniestreifen oder Vogel am Schwanz fassen, die je achtmal am Platz ausgeführt werden, bevor fließend zur nächsten übergeleitet wird. Irritiert war ich beim »Affen vertreiben«, den ich im parallelen Stand und nach links gedreht ausführen sollte. Oder war nur die Zeichnung dazu falsch? 

Dann kommen die 13 Grundtechniken dran, mit Schriftzeichen, dem dazugehörigen Trigramm, der deutschen Übersetzung und Beispielen, wo in der Form sie vorkommen. Bei den Bamen, den acht Toren, stellt Jan Leminsky noch die »Kampfkunst-Idee« und die Kraftlinien der Techniken vor. 

Den Hauptteil bildet die Darstellung der 24 Figuren. Jede Figur wird ausführlich beschrieben und gut bebildert. Jan Leminsky bietet auch mehrere Übersetzungen an und geht auf die Herkunft des jeweiligen Begriffs ein. Dabei erklärt er, was die einzelnen Teile der Schriftzeichen bedeuten. Irritierend war für mich anfangs das Fehlen der besprochenen Schriftzeichen. Aber die modernen Zeichen sind eh sehr abstrahiert. Sehr gefallen hat mir, dass zu jeder Bewegung eine »Kampfkunst-Idee« gezeigt wird, die der Autor zusammen mit seinem Schüler Dieter Möller demonstriert. Diese dann zu verstehen und nachzuvollziehen ist sicherlich nichts für AnfängerInnen. 

Und überhaupt nichts für AnfängerInnen ist auch der nächste Teil, in dem die beiden die Beijing-Form als Sanshou-Form darstellen, wobei Jan Leminsky die Form ausführt und Dieter Möller seine Bewegungen entsprechend anpasst. Hier musste ich teilweise schon sehr mein Gehirn anstrengen, um noch mitzukommen, was wer macht. Aber ich finde die Idee toll und eine gute Bereicherung des Buches, verdeutlicht sie doch die Herkunft der Taiji-Bewegungen. 

Zum Ende des Buches beschreibt Jan Leminsky noch »Übungsvarianten«. So empfiehlt er die Form auch spiegelverkehrt zu üben oder als Einbein-Form (immer 100-Prozent-Belastungen), besonders langsam, mit Fokus auf der Atmung, als »Yin-Hand-Form« (mit Hauptaufmerksamkeit auf der Yin-Hand) oder als Wettkampfform (besonders tiefe »Arbeitshöhe« und hohe Tritte). Und auch im Sitzen ist es möglich. Das sind schon interessante Anregungen für die eigene Praxis und für den Unterricht, verschiedene Variationen runden ja das Bild ab. 

Fazit: Ein wirklich interessantes Buch (nicht nur) zur Beijing-Form, das viele Anregungen und Informationen beinhaltet, die unüblich sind. Ich empfehle es allen, die die Beijing-Form üben und/oder unterrichten. Schade, dass es nur über Amazon zu erhalten ist …