Fuchs, Hilmar:
Der Tanz des Kranichs. Tai Chi für Gesundheit und Wohlbefinden
Palisander 2015, 354 Seiten, € 19,90
ISBN 978-3-938305-83-6
»Nach chinesischem Verständnis ist eine Kunst, die nicht kreativ ist, tot.« Deswegen ist aus dem, was Zhang Sanfeng entwickelt hat, der Chen-Stil entstanden. Daraus der Yang-Stil, dessen Formen sich immer wieder verändert haben. Und deswegen bietet Hilmar Fuchs jetzt eine Kranich-Form an: »Welche äußere Form die Kunst am Ende annimmt, hängt von der Persönlichkeit des Menschen, der sie ausübt, also des Künstlers, ab.« Und: »Je mehr Sie die Bewegungen verinnerlichen, desto ›richtiger‹ werden sie, auch wenn sie am Ende vielleicht immer noch anders aus- sehen als die des Lehrers.«
Da werden jetzt wieder viele aufschreien. Soll uns aber nicht weiter kümmern. Was Hilmar Fuchs in seinem Buch vor- stellt, liegt inhaltlich nämlich durchaus im Bereich des Üblichen. Ein wenig ver- wundert mich, dass er als Untertitel »Tai Chi für Gesundheit und Wohlbefinden« gewählt hat. Denn eigentlich ist es doch mehr Qigong. Sei‘s drum. Sein Buch beginnt mit Theorie, damit, dass er Taiji als Kampfkunst vorstellt und ein paar Worte über den Sinn der Langsamkeit verliert (»zum Rhythmus der Natur zurückzufinden«), er erzählt ein bisschen über die Herkunft des Kranichstils (von einer Frau erfunden!) und philosophiert sehr schön über die Symbolik des Kranichs. Ausführlich geht er auf die gesundheitlichen Aspekte ein, auf Atmung und Gleichgewicht, Streicheln und Klopfen, die Rolle des Geistes und die Spiritualität des Taijiquan. Die Intelligenz unseres Körpers ist ihm ein ganzes Kapitel wert, zu Recht, wie ich finde: Solche kurzen und tiefgründigen Bemerkungen über das Bauchgehirn, das Herz und das Netzwerk der Organe findet man nicht überall.
Schön und gelungen ist auch der mit über 200 Seiten längste Teil seines Buchs, in dem er »Übungen der Kranichform« vorstellt. Tatsächlich, es ist nicht eine fortlaufende Form, sondern es sind Übungen daraus, die man wohl auch irgendwie zusammensetzen kann. Hilmar Fuchs nennt die einzelnen Figuren einmal »Kranich-Elemente«, weiter hinten »Ausdrucksformen«, und tatsächlich erinnern sie manchmal an die berühmten »15 Ausdrucksformen des Taiji-Qigong« oder an manche Übungen des Kranich-Qigong. Wie diese werden auch sie in beide Richtungen ausgeführt. Es geht ihm darum,»das Wesen der Form zu entdecken, es zu erspüren und zu erleben«. Nicht darum, eine äußerliche Form zu lernen.
Wer also gedacht hat, er könne aus diesem Buch eine neue fortlaufende Taiji- Form lernen, wird enttäuscht sein. Die Ausdrucksformen aber sind sehr schöne entspannende Übungen, die man sehr einfach in sein Repertoire aufnehmen kann. Gut und kurz beschrieben sind sie, das Beste aber sind die präzisen Fotos. Und ein Video im Netz gibt es auch noch. Was will man mehr?