Bob Boyd:
Schlangenstil-Taijiquan. Das verborgene System der Familie Yang
CreateSpace Independent Publishing
Platform 2014, 100 Seiten, 21,49 EUR
ISBN 978-1-503-00449-8
Mit der Weitergabe der »reinen« oder »richtigen« Lehre ist es so eine Sache, auch im Taijiquan. Ip Tai Tak, Meisterschüler von Yang Shouchung, der wiederum Sohn des legendären Yang Chengfu war, hatte zwei Meisterschüler: John Ding, heute Linienhalter des Stils, und Bob Boyd. Von letzterem, der vor allem in Amerika lehrt, ist vor zwei Jahren auf Deutsch eine kleine Broschüre erschienen, in der er seinen Stil, den »Schlangenstil«, kurz skizziert. Vor allem in Abgrenzung zum Tiger-Stil, der im Yang-Stil hauptsächlich gelehrt wird und den er schlankweg als »zweitklassige Technik« bezeichnet.
Sein Schlangenstil bezieht sich nicht auf die Höhe, in der die Form gelaufen wird (wie manche annehmen), sondern ist eine ganz eigene Art – Bob Boyd sagt, es sei die einzig richtige Art, um die Taiji-Prinzipien der Yang-Familie wirklich zu verstehen.
Sein Büchlein ist aber kein ausführliches Trainingsbuch, sondern nur ein winziger Vorgeschmack auf das, was man bei einem Besuch in einer seiner Schulen vielleicht erwarten kann. So gibt er nur grundlegende Hinweise, was der Schlangenstil ist: Der Ausgangspunkt für Bewegungen der Arme sollte dabei das Schulterblatt sein. Die Rippen und die Wirbelsäule sollen mobilisiert und elastisch werden: Eine »elastische Kraftentfaltung im Brustkorb und in der Körperkernmuskulatur« ist sein Ziel.
Kurz geht er auf drei wichtige Prinzipien der Yang-Familie ein: das Ausrichten der Schultern, das Loslassen in der Taille, das Beugen der Brustwirbelsäule, um den Rücken zu heben.
Er erklärt, was das »richtige Fa Jing« ist, wie das Körpergewicht richtig verteilt sein und wo die Mittellinie des Körpers stehen muss. Er beschreibt, wie man die Hüfte stabilisiert und gleichzeitig lockert und wie in seinem Schlangenstil eine Gewichtsverlagerung durch eine Drehbewegung vollführt wird.
Immerhin gewinnt man einen kurzen Einblick in die Besonderheiten seines Schlangenstils. Ein wenig redundant ist sein 100 Seiten schmales Buch allerdings, wenn er immer wieder auf dieselben Punkte eingeht. Schön sind dagegen die Geschichten, die er von seinem Lehrer Ip Tai Tak erzählt – hier wird die Broschüre richtig lebendig.