Beate Kraus u. a.:
Rücken und Knie im Tai Chi
epubli 2022, 282 S., TB, € 28,
ISBN 978-3-7549-5885-8
Es ist schier unglaublich: Dies ist das erste Buch, das jemals über dieses wichtige Thema erschienen ist. Knie und Rücken sind ja für viele der Anstoß gewesen, mit Taijiquan oder Qigong anzufangen – mein Knie wurde damit zum Beispiel in Windeseile geheilt. Einige haben aber auch nach Jahren noch Probleme damit oder überhaupt zum ersten Mal. Oft, weil ihre Lehrer*innen sich nicht auskennen oder sogar falsch unterrichten.
Jetzt also das erste Buch über Rücken und Knie im Taijiquan und gleich ein Standardwerk. Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll zu loben. Bei den äußerst präzisen Kapiteln von Beate Kraus über die Anatomie mit allen lateinischen Namen oder den einzelnen Kapiteln aus unterschiedlichen Perspektiven? Oliver Hübel schreibt aus Chen-Sicht über Heilung und Prävention, Beate Kraus über Knie und Rücken im Bogenstand und über Qigong, Ute Andresen behandelt Hüfte und Rücken mit besonderer Berücksichtigung der Anwendung, Judith van Drooge schreibt über die Basis des Körpers, über die Auf- und Abwärtsbewegungen und Schritte namens »nicht das Baby wecken«.
Dazu kommen wunderbar nachdenkliche Kapitel über die vermeintlich unausweichliche Degenerierung (spoiler: Sie ist kein Schicksal) und über die Schwierigkeit, alte Muster loszulassen. Man erkennt sie daran, dass man »eine Bewegung oder eine Herausforderung als besonders absurd oder unangenehm empfindet und das Bedürfnis hat, sich dagegen zu wehren«. Frust, Deprimiertheit oder Zorn auf die Lehrkraft sind die Folge. Viele Kapitel beinhalten einfache und dennoch in die Tiefe führende Übungen wie die Wandhocke von Oliver Hübel oder die Gehübungen von Judith van Drooge. Oder interessante Ideen für Visualisierungen (Ute Andresen schlägt den Kopf als Boje und Steißbein bis Yongquan-Punkte als Anker vor – sie wohnt am Meer). Dazu kommt vor allem die bildhafte Schreibweise und die langjährige sensible Erfahrung der Autor*innen. So schreibt Beate Kraus einmal von einer Bewegung, sie sei ganz fein: »Wenn man also wenig spürt, ist das genau richtig«, Ute Andresen meint »viel hilft nicht viel«, und Judith van Drooge empfiehlt das Vertrauen in die Entspannung: »Vertraue der Erde, ihrem Widerstand, ihrer Unterstützung und der Schwerkraft. Vertraue darauf, dass dein Körper genau weiß, was zu tun ist, und dass du nichts darüber hinaus tun musst.« Und auch Beate Kraus betont immer wieder: »Der Körper braucht Zeit, um sich an neue Aufgaben zu gewöhnen, und nur wenn man ihm diese gönnt, kann er seine Struktur zurück zum natürlichen Zustand umbauen.« Kurz gesagt: »If you get tired, learn to rest, not to quit.« (Banksy)