Ulf Angerer:
Tai Chi Ch´uan als effektive Selbstverteidigung
Selbstverlag 2012, 210 Seiten, TB, EUR 24,90
Zu beziehen ist es nur direkt vom Autor:
angerer-wermsdorf@t-online.de oder www.keqi-taichi.de
Dass Taijiquan eine Historie als Kampfkunst hat, wissen die meisten Praktizierenden. Allerdings sehen es viele als gesundheitliche und/oder meditative Übung an und trainieren nicht die kämpferische Seite dieser Kunst. Ulf Angerer hingegen sieht in Taijiquan eine effektive Methode, sich selbst in Notfällen zu verteidigen, auch auf der Straße. Seine Überlegungen, warum Taijiquan sich hervorragend zur Selbstverteidigung eignet, hat er in diesem Buch übersichtlich und klar zusammengefasst. Dabei geht es ihm nicht um konkrete Beispiele, wie man die einzelnen Figuren einer Taiji-Form im Kampf anwenden kann. Nur einige wenige Figuren aus der Form (Yang-Stil) zeigt er beispielhaft.
Sein Buch behandelt wesentliche Aspekte, die es zu wissen und umzusetzen gilt, wenn man sich mit Taijiquan verteidigen möchte. Im ersten Teil geht er auf die Geschichte, die Unterschiede zwischen Kampfkunst, Kampfsport und Selbstverteidigung und die Taiji-Prinzipien ein. Er bespricht auch Vor- und Nachteile, die ein übliches Taiji-Training (Formen und Partnerübungen) für die Selbstverteidigung mit sich bringt, und wie die »heilgymnastischen« und meditativen Anteile des Taijiquan dazu beitragen.
Der zweite Teil beschäftigt sich mehr mit der Praxis der Selbstverteidigung. Dazu diskutiert er unter anderem die Körperstruktur (Wai San He), das taktile System, Flexibilität, Schrittarbeit und die Raum-Zeit-Komponente. Den Ablauf einer Selbstverteidigungsaktion unterteilt er in vier Phasen: 1. Intuition beziehungsweise Antizipation eines Angriffs, 2. Neutralisieren und Fühlen (die körperliche Kontaktaufnahme mit der angreifenden Person), 3. Verleiten (den Gegner oder die Gegnerin in eine ungünstige Lage bringen) und abschließend 4. das Vordrängen mit dem Einsatz von Fajin.
Ulf Angerer orientiert sich in seinen Darstellungen immer an den Anforderungen, die in einer Selbstverteidigungssituation »auf der Straße« gelten, also dort, wo es keine Regeln gibt wie zum Beispiel bei Tuishou-Wettkämpfen. Dabei wird deutlich, dass es ein langer und schwieriger Weg ist, sich mit Taijiquan verteidigen zu können, der aber erfolgreich beschritten werden kann.
Ulf Angerer hat mit diesem Buch ein Einführungswerk für den kämpferischen Teil des Taijiquan verfasst. Die wesentlichen Aspekte dieser Thematik erscheinen mir angesprochen. Allerdings bin ich einer der vielen, die diesen Teil des Taijiquan nicht in den Vordergrund der eigenen Praxis stellen, und habe keinerlei Erfahrung mit einer Taiji-Selbstverteidigung. Mir gefällt dieses Buch – inhaltlich. Es hat mir deutlich gemacht, wie die Taiji-Prinzipien im Ernstfall umgesetzt werden können und wie komplex es ist, Taijiquan als Selbstverteidigung zu üben. Schade finde ich hingegen, dass das Buch nicht ein besseres Lektorat und Layout bekommen hat. Sehr häufig besteht ein Absatz nur aus einem Satz und das mindert den Lesefluss erheblich ebenso wie die zahlreichen Rechtschreibfehler.
Fazit: Wer sich für die kämpferische Seite des Taijiquan interessiert, kann von diesem Buch profitieren. Insbesondere AnfängerInnen auf diesem Gebiet bekommen einen Überblick über die zahlreichen Anforderungen der Kampfkunst Taijiquan.