Frieder Anders
Das Innere Tai Chi Chuan – Einführung in den authentischen Yang-Stil
Theseus Verlag 2004, 160 Seiten, Euro 19,80, Euro 20,50 (A), SFR 35,90
ISBN 3-89620-224-3
Lange hat man nichts gehört von Frieder Anders, dem Autor von „Tai Chi – Chinas lebendige Weisheit“, und lange gab es in der Taijiquan-Öffentlichkeit keine Diskussionen mehr über die Authentizität bestimmter Taijiquan-Formen. Ganz im Gegenteil schienen die letzten Jahre eher dem gemeinsamen Bestreben einer Qualitätsverbesserung und einer gemeinsamen Weiterentwicklung gewidmet zu sein.
Nun ist er wieder da – mittlerweile Meister des Yang-Stils und dessen Vertreter in der 6. Generation – und unvermittelt fühle ich mich um 15 Jahre zurückversetzt, konfrontiert mich doch die Lektüre des neuen Buches von Frieder Anders erneut mit spaltenden und abgrenzenden Denkweisen. Vielleicht sind diese gar nicht so gemeint und Boshaftigkeit sei dem Autor in keinster Weise unterstellt, doch als störend empfand ich das ständige „dies ist dann Inneres Tai Chi Chuan (wie es der Autor nennt und selbst vertritt) und jenes dann nicht“ oder auch „in unserem Zusammenhang nennen wir das dann aber mal nicht so, wie es sonst alle machen, sondern lieber soundso“.
Aber ganz von vorne: Die „Einführung in den authentischen Yang-Stil“ ist in drei Teile mit insgesamt zwölf Kapiteln unterteilt. Der erste Teil widmet sich den theoretischen Grundlagen, der zweite Teil den praktischen Grundlagen und der dritte Teil dem ersten Teil der Form. Ergänzt wird der Text am Ende durch klassische Texte des Taijiquan.
Nach einer kurzen Einführung beginnt das Buch mit philosophischen Grundlagen und verschiedenen Aspekten des Daoismus und gerade dieser Teil gestaltet sich für mich eher zäh. Ab Seite 52 gewinnt der Text an Fahrt und liest sich zunehmend leichter. Gegen Ende des zweiten Teils wird es dann wieder etwas undurchsichtig und für Neulinge eher unverständlich. Für Übende des „authentischen Yang-Stils“ behandeln diese Ausführungen bestimmt wichtige Punkte. Genau wie der dritte Teil, der sich mit dem ersten Drittel dieser Form beschäftigt. Er ist geeignet für Übende, die mal etwas nachschauen oder Bewegungen in Details studieren möchten. Gut finde ich, dass die Bewegungsnamen mit chinesischen Schriftzeichen versehen sind. Das ist nicht nur ein optischer Aufheller, sondern komplettiert die Darstellung der Formen auf sinnvolle Weise.
Insgesamt war ich ein wenig enttäuscht. Zum einen, weil mir regelmäßig im Text erklärt wurde, warum nun was mit so genanntem „Innerem Tai Chi Chuan“ zu tun hat und warum andere Übungs- oder Verhaltensweisen das nicht haben. Diese Abgrenzungstendenzen gehen soweit, dass sich der Autor hinreißen ließ, die gemeinhin akzeptierte Umschrift des Chinesischen, das Pinyin, nicht zu verwenden, weil dass zu sehr den staatlichen Bestrebungen der VR China Recht geben würde, die das Taijiquan zu einer Gesundheitsübung verkommen ließen. Mit dem Erfolg, dass mir oftmals nicht ganz klar war, um welche chinesischen Begriffe es ging.
Zum anderen vermag der Text als Einführung nicht über die ganze Länge zu glänzen. Ab und an drängte sich mir der Eindruck auf, hier wolle man lediglich anreißen, was es nicht noch alles Geheimnisvolles gäbe, doch so recht berichten davon wollte man nicht. Vielleicht hätte das den Rahmen des Buches aber auch gesprengt. Jedoch – ein Meister sollte den Kern einer Sache auch kurz und prägnant niederschreiben können, oder?