Martin Bödiker:
Optimaler Tai Chi- und Qigong-Unterricht
Bödiker 2014, 67 Seiten, 8,35 EUR,
Kindle 5,60 EUR
ISBN 9781503356009
Martin Bödiker:
So lehrte der Meister
Bödiker 2014, 51 Seiten, 6,10 EUR,
Kindle 4 EUR
ISBN 9781505458077
Martin Bödiker, Wu-Stil Taijiquan-Lehrer aus Düsseldorf und Religionswissenschaftler mit Ostasienschwerpunkt, ist vielen schon ein Begriff. In drei kleinen, aber feinen Bänden hat er unter anderem gut lektorierte und neu übersetzte Basistexte für unsere Übungswege herausgebracht, eine Auswahl der Taiji-Klassiker sowie zwei »Philosophische Lesebücher zum Tai Chi Chuan«. Nun sind in seiner Edition zwei schmale Bände zum Thema Unterrichten erschienen. Ich sage es vorweg: Diese beiden empfehle ich ausdrücklich im Doppelpack!
»Optimaler Tai Chi- und Qigong-Unterricht« widmet sich der westlichen Pädagogik – und zwar explizit auf den Taiji- beziehungsweise Qigong-Unterricht bezogen. Dieses Buch hat er seiner früh verstorbenen Frau Freya gewidmet: »… eine ganz hervorragende Pädagogin und eine meisterliche Tai Chi- und Qigong-Lehrerin. Die Grundlagen dieses Buches beruhen auf ihrem Wissen und Wirken.«
Es ist unterteilt in drei Abschnitte. Der erste heißt Pädagogik, »die Disziplin, die sich mit der Theorie und Praxis von Bildung beschäftigt«. So klar und knapp wie diese Definition ist alles, was wir im Buch vorfinden. Es geht um Lernen und Lehren, um Didaktik und Methodik, um Motivation von Lehrenden und Lernenden (Wohlbefinden, Wahrnehmung, Gemeinschaft, Spiritualität, Kampfkunst) – alles, was eine Rolle spielt, wird angesprochen. Unter der Überschrift Didaktik werden abgehandelt: Inhalte und Ziele, Konzepte der Unterrichtsplanung, Unterrichtsablauf, Lernort, drinnen oder draußen, Zeitvorgaben, Lernstil, Auftreten des Lehrers, Gruppenstruktur und -dynamik, Über- und Unterforderung, Störungen und Unterrichtsreflexion.
Der dritte Teil zur Methodik widmet sich Lern- und Lehrmethoden, Sozial- und Aktionsformen des Unterrichts, methodischen Maßnahmen sowie den Themen Wiederholen, Lernhilfen und Umgang mit Fragen. Es ist vielleicht dem knappen Stil geschuldet, dass mir die Hinweise hier und da ein wenig apodiktisch klingen – so und nicht anders sieht guter Unterricht aus … Generell aber muss ich sagen: Jeder Punkt, der genannt wird, ist bedenkenswert, und letztlich geht es hier um grundlegendes »Handwerkszeug« für Unterrichtende. Es ist vor allem eine Einladung zur kritischen Selbstüberprüfung. Deshalb endet jedes Kapitel mit einer Reihe von Fragen, die Unterrich-tende sich selbst stellen können, um zu überprüfen, inwieweit sie diesen Anforderungen in ihrem Unterricht schon gerecht werden.
Da es viele Wege gibt, wie wir von Lernenden zu Lehrenden werden können, und manche von uns ihre Ausbildung vielleicht bei (chinesischen) Lehrern erhalten haben, die mit westlichen Vorstellungen von Pädagogik nicht viel »am Hut« hatten, kann dies Buch, wenn man es aufmerksam durcharbeitet, zu einer Quelle der (Selbst-)Erkenntnis werden und einen Beitrag zur Professionalisierung des Taiji- und Qigong-Unterrichts leisten.
Ergänzt wird dieser westliche Blick aufs Unterrichten durch das zweite Bändchen »So lehrte der Meister«. Martin Bödiker ist klug genug, nicht über chinesische Unterrichtsmethoden zu referieren, die wir ja nur bedingt aus eigener Anschauung kennen, sondern er lässt wieder die Klassiker des altchinesischen Bildungssystems zu Wort kommen – jene, die prägend auch für die Art waren, wie die Taiji- und Qigong-Traditionen weitergegeben worden sind. Dabei spielen natürlich Kongzi beziehungsweise die Konfuzianer eine entscheidende Rolle, da Bildung ihr zentrales Credo ist.
In diesem Band finden wir von Martin Bödiker neu übersetzte Texte von Kongzi (aus Lunyü/Gespräche) sowie von Menzi und Xunzi. In den Zitaten dieser drei Autoren geht es um den unerschütterlichen Willen zu lernen, umfassendes Lernen, lebenslanges Lernen und reflektierendes Verarbeiten. Die Person des Lehrers und seine Eigenschaften werden beleuchtet. Weiterhin finden sich thematisch relevante Auszüge aus dem Buch »Maß und Mitte« und »Aufzeichnungen zum Lernen«. Als Dreingabe der 18 Seiten umfassende »Drei-Zeichen-Klassiker«, der eine Idee vom grundlegenden Bildungsgedanken des alten China gibt.
Ich weiß, wie beliebt bei Taiji- und Qigong-Praktizierenden der Daoismus ist – und wie wenig man im Allgemeinen vom Konfuzianismus weiß und wie einseitig dies Wissen oft ist. Aber was das Thema Bildung betrifft, ist er eine nicht zu ignorierende Quelle, will man die Methoden und Übungswege in ihrer Herkunft verstehen. Und außerdem wird man feststellen, dass sich dort auch einiges findet, was gar nicht so weit weg ist von dem, was westliche Pädagogik fordert.
Mein Fazit: Wer immer Taiji- oder Qigong-KursleiterInnen oder LehrerInnen ausbildet, sollte den zukünftigen Unterrichtenden diese beiden kleinen Bücher mit auf den Weg geben. Und wer schon unterrichtet? Ein schöner Spiegel, um selbstkritisch hineinzuschauen!