TQJ 2/2021

Rezensent:
Helmut Oberlack

Wang Li:
Guo Lin Neues Qigong
Verlag für chin. Lehrmittel 2020, 204 S. TB, € 25, ISBN 978-3-946935-10-0

Wang Li, persönliche Schülerin von Guo Lin, hat nun ihr lang erwartetes, umfassendes Buch über das »Guo Lin Neues Qigong« herausgebracht. Dieses Qigong, von dem Teile unter anderen Namen wie Xixihu oder Qigong-Gehen bei uns bekannt sind, wurde in den 1960er Jahren von Frau Guo Lin entwickelt, die damit ihre Krebserkrankung erfolgreich behandelt hat. Es wird in China als begleitende Therapie bei chronischen und Krebserkrankungen eingesetzt. Allerdings muss man nicht krank sein, um Guolin Qigong üben zu können, es kann wie andere Qigong-Arten auch zur Gesunderhaltung praktiziert werden.

In ihrem Buch stellt Wang Li alle Übungen der Basisstufe und einige der Mittelstufe vor. Neben einer Vielzahl von Übungen im Gehen umfasst das System auch Übungen mit Stäben für Hände und Füße, Massagen und den Einsatz der Stimme, bei dem es niedrige und hohe Organtöne sowie Sondertöne gegen bestimmte Krankheiten gibt. Alle Übungen werden ausführlich beschrieben und auch ausreichend bebildert. Zudem werden Varianten vorgestellt, die bei bestimmten Krankheiten in den verschiedenen Phasen der Erkrankung geübt werden sollen. Im Wesentlichen betrifft das die Handhaltung, ob sie eine aufnehmende, ableitende oder neutrale Wirkung haben soll, die Art der Atmung und mit welchem Fuß angefangen wird.

Nach den Übungen führt Wang Li einige Fallbeispiele für Krebs, chronische Krankheiten und Diabetes auf, alle von Schüler*innen von Frau Guo. Ich bin kein Freund von solchen Geschichten, aber sie haben mich schon beeindruckt, insbesondere wenn mir deutlich wurde, mit welcher Entschlossenheit und Intensität diese Menschen gegen ihre Krankheiten angegangen sind.

Im nächsten Kapitel geht Wang Li auf Grundprinzipien der Übungen ein wie die Bewegungsweise rund, weich und weit und das Zusammenspiel von Vorstellung, Qi und Körperhaltung. Sie betont, dass die Übungen immer individuell an den Menschen angepasst werden müssen, je nach seinem Geschlecht und der Krankheitssituation. Anschließend werden allgemeine Hinweise gegeben, welche Übungen bei Krebs und einigen chronischen Krankheiten geübt werden sollen. Dann kommen noch 20 Fragen und Antworten, bei denen die Autorin auch wieder auf wichtige Punkte, die es beim Üben zu beachten gilt, eingeht.

Wang Lis Schreibstil ist schnörkellos sachlich. Sie liefert eine Vielzahl an Informationen und weist immer wieder auf mögliche Nebenwirkungen bei einer fehlerhaften Übungsweise hin. Besonders angesprochen haben mich ihre Ausführungen zur Rolle des Geistes, der Vorstellung. Wenn der Bewegungsablauf bereits bekannt ist, braucht der Geist ja ein Thema, einen Gedanken, damit er zur Ruhe kommen kann. Wie man dieses Thema wählt und damit umgeht (nicht anstarren, nicht verfolgen, nicht mit Absicht festhalten), fand ich sehr hilfreich beschrieben und auch gut übertragbar auf andere Qigong-Arten.

Richtig blöd ist allerdings das unübersichtliche Layout, das Buch ist quasi ein großer Lauftext. Leider hat sich der Verlag nicht die Mühe gemacht, die vielen Übungen und Informationen besser zu sortieren und mit einem ansprechenden Layout zu versehen, das das Lesen und Verstehen unterstützt. Auch mehr Fotos wären hilfreich gewesen. So hatte ich beim Lesen immer das Gefühl, mich durch das Buch durchwühlen zu müssen. Aber vielleicht ist das auch ein Vorteil, so kommen wenigstens keine Anfänger*innen auf die Idee, dieses Buch durchzulesen und damit zu arbeiten. Diese wären vermutlich auch verwirrt, dass das mittlere Dantian da liegt, wo sich bei den allermeisten anderen Qigong-Übungen das untere Dantian befindet.

Fazit: Wang Li gelingt es gut, die Vielfältigkeit und die Einsatzmöglichkeiten des Guo Lin Neues Qigong darzustellen, und gleichzeitig wird klar, dass man dieses System ohne eine solide Ausbildung lieber nicht unterrichten sollte.

(Helmut Oberlack)