TQJ 1/2020

Rezensent:
Georg Patzer

Volker Heubel:
Qigong-Wissenschaft und Kultur in China: Zhineng Qigong im Diskurs über Qigong, kulturelle Identität und Kultur
LIT 2018, 396 S., TB, € 29,90,
ISBN 978-3-643-13223-9

Wir haben große Probleme mit der Krankenkassenbürokratie? In China ging und geht es vielleicht immer noch ein wenig anders zu, Qigong-Lehrende müssen dort einiges beachten, dem wir nicht einmal in Albträumen begegnen. Pang Ming, einer der Großen, konnte damit umgehen: »Wenn man ihm (…) zuhört, kann man wahrnehmen, dass er Qigong und sein eigenes Verhalten streng und selbstbewusst an den Grundprinzipien des Marxismus-Leninismus, des Mao Zedong-Denkens, den Theorien von Deng Xiaoping sowie den grundlegenden politischen Richtlinien der Partei ausrichtet.« Das war nicht in den finsteren 60er-Jahren, sondern 1997. Das Verbot von Falungong, dessen Anhängerschaft als Massenbewegung den Machthabern gefährlich zu werden drohte, schwebt über ihnen allen. Andererseits brauchen die chinesischen Behörden das Qigong, um die Mängel im Gesundheitssystem auszugleichen.

In einem eher wissenschaftlichen Buch stellt Volker Heubel vor allem die Organisation der Zhineng-Qigong-Schule von Pang Ming dar. Mit vielen eher ermüdend zu lesenden Details, Fußnoten und analytischen Kommentaren gibt er einen interessanten Einblick in die Organisationsideologie und -struktur und stellt auch das Konzept der Qigong-Wissenschaft dar, bis hin zur »Theorie der Vermischungs-Einheits-Ganzheit«, den marxistischen Bezugnahmen und der »neuen«, »ganzheitlichen« Wissenschaftsauffassung. Qigong-Wissenschaft ist danach eine »Einheit von Wahrem, Gutem und Schönem, von Wissenschaft, Ethik und Kunst«. Leider bleiben die praktischen Inhalte von Zhineng-Qigong, vor allem die Übungsformen, in diesem Buch einigermaßen nebulös, immerhin aber erfahren wir, dass die Teilnehmer*innen ermutigt werden, Versuche mit dem Qi zu unternehmen, indem sie ein »Qi-Feld« erzeugen und das Qi nach außen »abstrahlen«. So wurden mit Qi-Kraft Löffel verbogen und zerbrochene Eierschalen wieder zusammengefügt, die Wirkung von Qi auf Bakterien, Metalle, Kunststoff oder Papier sowie auf die Erhöhung der Bierproduktion getestet.

Sicher wird dieses Buch nur wenige interessieren, Volker Heubel geht es um das »Nachzeichnen des innerchinesischen Diskurses über Qigong anhand der Qigong-Richtung ZQ«. Und er konzentriert sich auf die »relativ detaillierte Beschreibung der Organisation«, weil das für ihn »nicht nur für ein besseres Verständnis des chinesischen Kontextes nötig [ist], sondern auch für einen reflektierten Umgang in der Rezeption chinesischer Qigong-Praktiken außerhalb Chinas«. Was ich einigermaßen bezweifle.