Dorit Stövhase:
Stressbewältigung durch Qigong. Theoretische und empirische Untersuchungen zur Stressbewältigung und Qigong-Übungspraxis
Prolog, Reihe Bewegungslehre und Bewegungsforschung Band 20, 2006, 415 Seiten, 34,80 EUR[D], 35,80 EUR[A]
ISBN 3-934575-23-4
Dorit Stövhase hat ihre Doktorarbeit im Fachbereich Sportwissenschaften der Frage gewidmet, inwieweit Qigong einen positiven Beitrag im Umgang mit Stress leisten kann. Auch wenn die meisten Qigong-Praktizierenden aus eigener Erfahrung wissen, dass Qigong ihnen in stressigen Situationen hilft, ist ihre sehr differenzierte Betrachtung des Themas interessant.
Bereits die Kapitel, die das Phänomen »Stress« genauer beleuchten und verschiedene Theorien aus diesem Bereich vorstellen, machen deutlich, wie pauschalisierend wir mit dem Begriff im Allgemeinen umgehen. Den Schwerpunkt in der theoretischen Herangehensweise legt Dorit Stövhase auf das Salutogenese-Konzept nach Antonovsky, das weniger auf die vermeintlichen Stressoren als auf die Entwicklung eigener Kompetenzen im Umgang mit Stress gerichtet ist.
Die eigentliche Untersuchung fand auf drei Ebenen statt: einer Analyse der vorhandenen Qigong-Literatur, einer qualitativen Studie anhand von narrativen Interviews mit sieben Menschen, die bereits seit mindestens zwei Jahren Qigong üben, und einer quantitativen Befragung mittels Fragebögen in Qigong-Anfängergruppen sowie zum Vergleich in Aerobicgruppen. Ihre Vorüberlegungen, die Hypothesenbildung, die Durchführung der empirischen Untersuchung und die Beurteilung der Ergebnisse sind sehr detailliert dokumentiert. Dabei zeigt sich weniger eine direkte Wirkung des Qigong-Übens auf das körperliche und emotionale Befinden als eine indirekte über eine allmähliche positive Beeinflussung der Selbstwahrnehmung, der Lebensführung, im Umgang mit dem eigenen Körper und den eigenen Bedürfnissen und in der Interaktion mit dem Umfeld.
Entsprechend dem Salutogenese-Modell legt sie besonderen Wert auf die Eigenverantwortlichkeit jedes Menschen für sein Leben und damit auch den Umgang mit Stress. Sie kritisiert die in der Literatur teilweise übertrieben dargestellten Wirkungen und insbesondere »religiös-esoterische Deutungsversuche«, die ihrem wissenschaftlichen Ansatz entgegenstehen. Mit ihren eigenen Ergebnissen kommt sie zu dem Schluss, dass »die Leiberfahrungen im Bewegungs- und Meditationssystem Qigong als eine Ressource zur Stressbewältigung eingeschätzt werden können«.
Eine weitere Fragestellung der Arbeit ist auf den Einsatz von Qigong in herkömmlichen Gesundheits- sowie Erziehungs- und Fortbildungsinstitutionen gerichtet. Mit ihrer wissenschaftlichen Herangehensweise liefert Dorit Stövhase hier sicher allen AnbieterInnen gute Argumentationshilfen. Auch wenn ihre Dissertation wie bei solchen Arbeiten üblich nicht immer ganz leicht zu lesen ist, stellt sie eine lohnende Lektüre dar für alle, die sich eingehender mit diesem Thema befassen möchten.