TQJ 4/2016

Rezensent:
Markus Wagner

-> Qigong-Bücher

 

 

 

Bernhard Schwendemann:
Dao Qigong: Die 24 Übungen – Eine Reise zur inneren Quelle für Wohlbefinden und Kraft«
Ikotes 2015, 80 Seiten plus DVD, 24,90 EUR
ISBN 978-3-9416262-2-5

Bernhard Schwendemann hat ein Buch über die »24 Dao-Übungen«, das zentrale Jibengong-Set der ITCCA (der Yang-Stil Taijiquan-Tradition um Chu Kinghung), herausgebracht. Es schließt sicher eine Lücke, denn meines Wissens gibt es hierüber bisher nur das – alles in allem recht gelungene – Buch von Frieder Anders, der die Übungen in seiner Variante als »Atemtyp-Qigong« darstellt. Der Band von Bernhard Schwendemann wartet mit einer beigefügten DVD auf, was einen zentralen Pluspunkt darstellt. Um solche bewegten Übungen mit teilweise sehr unterschiedlichen Dynamiken nachvollziehen beziehungsweise sich wieder ins Gedächtnis rufen zu können, ist – eine vorherige Unterweisung durch einen Lehrer selbstverständlich immer vorausgesetzt – eine Ergänzung des Text- und Bildmaterials durch Videosequenzen hilfreich und an manchen Stellen unverzichtbar.

Im Vorwort berichtet Bernhard Schwendemann von seiner Ausbildung bei Chu Kinghung, die von »strengen traditionellen Lehrmethoden« geprägt gewesen sei. Da es sehr unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, was »traditionelle Lehrmethoden« sind, finde ich solche Aussagen immer ziemlich unbefriedigend. Ansonsten ist der einleitende Teil angenehm besonnen formuliert und hütet sich erfreulicherweise vor allzu gro-ßen Vereinfachungen historisch komplexer Zusammenhänge, wie sie oft in Qigong- und Taijiquan-Büchern zu finden sind. Ein Beispiel: »Wann genau der Daoismus entstand, ist unbekannt. Seine Weltanschauung integriert das Gedankengut der jeweiligen Zeit während einer jahrhundertelangen Entwicklung.« Schön auch, dass der Autor keine unrealistischen Heilsversprechen macht, sondern klare Worte findet: »Jahrelange Fehlhaltungen, Fehlbelastungen und dauerhafter Stress werden nicht in wenigen Übungsstunden aufgelöst.«

Bernhard Schwendemann stellt kurz einige wenige theoretische Grundlagen des Qigong dar, soweit sie für die nachfolgenden Übungen von Belang sind, dann einige Grundsätze der Haltung, immer in einer angenehm einfachen Sprache und ohne im Qigong-Jargon zu schwelgen. Allerdings begegnete ich auch hier einem meiner persönlichen Un-Worte des Taijiquan und Qigong, dem »Spiralisieren«, das in unseren Künsten leider oft und unnötigerweise mystifizierend verwendet wird, wenn eigentlich Kreis- oder Schraubbewegungen gemeint sind.

Die auf den kurzen theoretischen Teil folgenden Übungen sind prägnant und in nachvollziehbaren Schritten beschrieben. Die Bilder sind ausreichend groß, aber nicht seitenfressend, wo nötig auch mit wechselnder Perspektive aufgenommen. Jede der 24 Übungen ist auf einer Doppelseite behandelt, was die Handhabung als Übungshilfe sehr erleichtert. Dabei sind die Erklärungen aufgeteilt in Bewegungsbeschreibung, Atmung, besondere Hinweise, Geisteshaltung und Gesundheitswirkung. Bei den Gesundheitswirkungen wiederholt sich Vieles, immer wieder wird auf das Lösen von Verspannungen im bearbeiteten Körperbereich hingewiesen, was man aus meiner Sicht gerne hätte weglassen können. Aber es geht Bernhard Schwendemann ja darum, eine Übungshilfe und Erinnerungsstütze zu bieten, was meiner Ansicht nach sehr gut gelungen ist.

Das Begleitvideo ist gut gefilmt, der Hintergrund ist ansprechend und mit den vielen Grünpflanzen sicherlich »Qi-freundlich«. Die unterlegte Musik ist nicht unangenehm, der Bildausschnitt hätte etwas kleiner sein können, um Details noch besser sichtbar zu machen. Jede Übung wird vier- bis fünfmal wiederholt. Einige Übungen lassen sich dank des Videos sehr viel besser verstehen als nur mit dem Buch. Bei Übungen, die augenscheinlich mit hörbarem »Explosivatem« ausgeführt werden, hätte es zum Verständnis beitragen können, den Originalton statt der Musik zu verwenden.

Alles in allem eine gelungene und empfehlenswerte Übungshilfe zu einem weit verbreiteten Übungsset.