TQJ 02/2002

Rezensentin:
Elvira Glück

Daniel Reid
Chi-Gung (Qi Gong) – Nutzen Sie die Kraft des Universums
Econ 2000, 422 Seiten PB, Euro 12,45

Hinter der Aufforderung, mit Qigong die Kraft des Universums zu nutzen, mit der heute ungebräuchlichen Schreibweise „Chi-Gung“ verbirgt sich ein sehr westliches und modernes Lehrbuch. Daniel Reid lebt als freier Autor in Thailand und hat sich als Sinologe ausführlich mit Quellentexten zur chinesischen Medizin beschäftigt. „Das chinesische Gesundheitsbuch“ war sein erstes Werk zu diesem Thema, dies ist nun sein zweites.
Auf über 400 Seiten wird eine umfassende Einführung in Qigong geboten, einfach und verständlich dargestellt und damit gut für Qigong-AnfängerInnen geeignet, aber auch für fortgeschrittene Praktizierende. Wie fast jedes Lehrbuch über Qigong beginnt auch Daniel Reid mit einer kurzen Einführung in die chinesische Medizin, die hier allerdings sehr knapp gehalten ist und auch auf eine bildliche Darstellung der Meridiane verzichtet. Ausführlicher geht er auf die historische Entwicklung des Qigong ein und auf die verschiedenen Schulen, nämlich die daoistische, die konfuzianische, die buddhistische Schule sowie auf medizinisches Qigong und die Schule der Kampfkünste. Im weiteren Kontext der theoretischen Grundlagen wird deutlich, dass er selbst vor allem im Daoismus beheimatet ist. Weitere Themenschwerpunkte sind Qigong und Gesundheit, das Arbeiten mit Qi, Körperhaltung und Atmung – es wird deutlich, dass sich der Autor um eine möglichst vollständige Darstellung bemüht hat. Beim genauen Nachlesen machte sich dann aber doch immer wieder leichte Enttäuschung breit, vieles ist mir zu oberflächlich dargestellt oder vermischt mit anderen Methoden wie Yoga oder auch neueren Therapieformen, zum Beispiel Aromatherapie oder positivem Denken. Hier hätte ich mir eine genauere Abgrenzung gewünscht.
Verwundert hat mich die selbstverständliche Identifikation der einzelnen Elixierfelder mit bestimmten Chakren. Auch die Darstellung der traditionellen Qigong-Stile ist etwas dürftig und oberflächlich, dabei werden hauptsächlich Kampfkünste beschrieben. Daneben gibt es aber durchaus einige Aspekte, die mir sehr gut gefallen. So stellt Daniel Reid Qigong in einen größeren spirituellen Kontext und betont die persönliche Einstellung beim Üben, die erworbenen Fähigkeiten nicht zum Egotrip zu nutzen, sondern „in enger Verbindung mit dem Großen Geist der Weisheit und Liebe zu praktizieren, der die universelle Energie in den mannigfachen Bereichen von Natur und Kosmos lenkt“. Hier wird spürbar, dass er selbst Praktizierender auf dem Weg des Dao ist. Trotz der oft oberflächlichen und typisch amerikanischen Darstellungsweise hat er doch ein persönliches Anliegen und Ernsthaftigkeit. Sehr gut haben mir auch die Kapitel über die Vorsichtsmaßnahmen und Abweichungen im Qigong gefallen, ein Thema, das für AnfängerInnen und Fortgeschrittene gleichermaßen wichtig ist und oft vernachlässigt wird.
Insgesamt ist es ein Buch, das AnfängerInnen als Einführung in Geschichte und Theorie des Qigong empfohlen werden kann und auch Fortgeschrittenen ergänzende Informationen bietet.