Steve Chismar:
»Nature Qigong. Mit Übungen & Videoclips«
Delius Klasing 2014, 176 Seiten brosch., 24,90 EUR
ISBN 978-3-7688-3887-
Es wäre so einfach, sich über dieses Buch lustig zu machen. Diese Fotos: eine blonde, wohlgebräunte Frau, die in weißer Hose auf einem Ast über einem See sitzt. Ein durchtrainierter Mann, der auf dem Boden liegt oder einen Baum umarmt. Oder das Allerletzte: Qigong auf einem Paddelbrett: Stand-up Paddeln heißt das. Und dann die Bildunterschriften: »Atemberaubender Blick von Regasina zum Nordufer des Gardasees bis ins Sarca-Tal«. Nein, so etwas sind wir nicht gewöhnt, wir traditionellen, ernsthaften Qigong-Praktikanten. Wir wissen genau, was sich gehört.
Zum Glück macht Steve Chismar das nicht auch noch. Er ist ein Outdoor-Freak, ihn begeistert alles, was er draußen machen kann: Wandern, Skifahren, Paddeln. Und Qigong. Draußen in der freien Natur, auf einem Berg, an Kraftplätzen, vor einem Baum, an einem See – dort ist Qigong immer noch am schönsten, meint er (recht hat er). In seinem Buch beschreibt er seine Erfahrungen damit und stellt viele sehr einfache Übungen vor, in einer sehr präzisen, sofort nachvollziehbaren Beschreibung und mit Fotos, die einem auch den letzten Zweifel über die Ausführung nehmen: So genau und knapp sieht man das nicht immer.
Die Übungen sind manchmal erdend und beruhigend, manchmal energetisierend, manchmal beides. Es gibt organstärkende Übungen, Übungen zu den vier Jahreszeiten, Morgen- und Abend-übungen, Meridianmassagen, Organentgiftung und Qigong mit Bäumen (mit!). Es gibt auch Tipps zum Schuhwerk, Steve Chismar empfiehlt barfuß zu üben, wenn der Boden nicht kalt oder nass ist. Es gibt ein paar Kochrezepte, Qigong mit Kindern und, da der Autor selbst Krebs hatte, auch das berühmte Windatmen des Guolin-Qigong. Und dann kann man entdecken, dass man tatsächlich auch beim Skifahren Qigong üben kann. Oder eben bei diesem neuen Hype-Sport, dem Stand-up-Paddeln. Zu einigen Übungen gibt es übrigens auch Videos auf der Verlagsseite (der aus Qigong allerdings Quigong macht).
Steve Chismar hat einen schön pragmatischen Ansatz für sein Qigong, und das macht das Buch so empfehlenswert. Und er hat Humor, auch das nicht gerade üblich bei vielen Qigong-Lehrern. So meint er, Yoga hieße »Versenkung, nicht Verrenkung«, oder empfiehlt nach einer Qigong-Übung: »Zum Abschluss in die Knie gehen (Demut zeigen) und die Stirn und Handflächen auf den Boden legen«. Sich dankbar zeigen. »Oder einfach denken: geiler Kletterfels! Danke!«