Thomas Milanowski
Die magischen Körper-Geistübungen Chinas und deren Verbindung zum Schamanismus – Zu Historie, Theorie und Praxis des Qigong
ML Verlag 2004, 374 Seiten, 24,80 EUR/25,50 EUR(A)
ISBN 3-88136-228-2
»Die magischen Körper-Geistübungen Chinas und deren Verbindung zum Schamanismus« ist als wissenschaftliche Arbeit entstanden, aber dennoch erstaunlich lebendig und spannend geschrieben. Das liegt sicherlich daran, dass der Autor nicht nur Wissenschaftler – Sinologe – ist, sondern selbst seit etwa 20 Jahren Qigong und verschiedene chinesische Kampfkünste praktiziert und auch unterrichtet.
Nach Thomas Heise mit seinem sehr wissenschaftlichen Buch »Qigong in der VR China« zeigt nun auch Thomas Milanowski auf, dass die Ursprünge des Qigong im Schamanismus liegen. Nach einer einführenden Darstellung der Entwicklungsgeschichte der chinesischen Kosmologie und deren Bezug zum Schamanismus analysiert er Texte verschiedener chinesischer Philosophen, unter anderem Laozi und Zhuangzi. Er untersucht die Philosophien von Schamanismus, Daoismus, Konfuzianismus und Buddhismus sowie deren Einfluss auf die magischen Körper-Geistübungen, stellt den Bezug zur klassisch chinesischen Metaphysik her und bezieht auch die Lehren von Yin/Yang und den fünf Wandlungsphasen mit ein. Am Ende deutet der Autor die Wirkungsweise des Qi und dessen Einfluss auf Mensch und Natur und stellt exemplarisch verschiedene Qigong-Stile vor, die in Deutschland praktiziert werden.
Im Gegensatz zu den Erklärungsmodellen des modernen China, die jede Mystik und Transzendenz ablehnen und Qigong als reine Gesundheitsübungen darstellen – oft gedeutet aus Sicht der westlichen Schulmedizin –, sucht der Autor die Ursprünge des Qigong im Schamanismus und stellt es wieder in einen größeren Zusammenhang. Demnach hat es im alten China keine Trennung zwischen Diesseits und Jenseits gegeben, Mensch und Kosmos wurden als untrennbar miteinander verbunden gesehen.
Die Herangehensweisen im Schamanismus und im Qigong haben sich allerdings unterschiedlich entwickelt. Im Schamanismus reist der Schamane in den Makrokosmos (hier den Bereich der Götter und Geister), um danach, zum Beispiel im Falle einer Krankheit, den Mikrokosmos Mensch zu heilen. Im Qigong dagegen strebt der Experte an, über das Eintreten in die Stille in sein Innerstes, den Mikrokosmos, und damit zur Transzendenz, dem Makrokosmos, zu gelangen. Die Entwicklung vom Schamanismus zu Qigong ist somit ein Wechsel von der lebendigen Götterwelt zu einem naturinhärenten Wirkungsprinzip.
Das Buch liefert wichtige Anregungen zum Verständnis von Qigong hier im Westen. Hoffentlich werden weitere Forschungen in dieser Richtung folgen. Unbedingt empfehlenswert für Qigong-LehrerInnen und ernsthaft Praktizierende.