TQJ 03/2004

Rezensentin:
Elvira Glück

Li Jun Feng (Hrsg.)
Sheng Zhen Wuji Yuan Gong – Qigong der bedingungslosen Liebe. Eine Rückkehr zum Ursprung
Windpferd Verlag 2004, 224 Seiten

Dem Windpferd Verlag ist ein ausgesprochen schönes Buch gelungen, das man gern in die Hand nimmt – großformatig, gut strukturiert und ansprechend gestaltet. Die Übungen sind klar beschrieben und jeweils mit mehreren Fotos anschaulich dargestellt. Außerdem gibt es zu jeder Übung eine Kontemplation, die in den spirituellen Hintergrund der Übung einführen will. Schon allein vom Äußeren her macht das Buch neugierig auf die Übungen.
Li Jun Feng, bescheiden als Herausgeber zurücktretend, war 15 Jahre lang Cheftrainer des chinesischen Wushu–Nationalteams und wurde auch als Hauptdarsteller verschiedener chinesischer Kampfsportfilme bekannt. Ein einfacher Qigong-Meister in den Bergen Chinas lehrte ihn eine grundlegende Qigong-Form, die ihn zu der Vision führte, das Sheng Zhen Wuji Yuan Gong in der Welt zu verbreiten, wie der Verlag mitteilt. Li Jun Feng schreibt selbst im Vorwort, dass die Übungen sich ihm durch ständiges Üben und durch göttliche Inspiration erschlossen hätten.
Sehr deutlich wird sein Anliegen, dieses Qigong nicht nur als körperliche, sondern auch als spirituelle Übung darzustellen. Ziel ist dabei, zu unserer ursprünglichen Natur zurückzukehren und unser wahres Selbst wieder zu entdecken, also Erleuchtung zu erlangen. Das gesamte System besteht aus verschiedenen Übungsreihen, die im Stehen oder Sitzen ausgeführt werden, und beinhaltet bewegtes und stilles Qigong. Manches erinnert durchaus an andere bekannte Übungen. Irritierend wirkt zunächst, dass die Übungsreihen nach Gottheiten und Religionsstiftern benannt sind, wie Jesus Qigong oder Mohammed Qigong. Li Jun Feng begründet die Namen damit, dass er diese spirituellen Wesen ehren will.
Die Kontemplationen, die den einzelnen Übungen beigefügt sind, betonen sehr den spirituellen Aspekt der Einswerdung mit dem Universum: „Verliere jedes Ich-Gefühl. Es ist, als würdest du nicht mehr existieren – als wärst du zur Natur zurückgekehrt, zu deinem Ursprung.“ Ich möchte nicht die Wirksamkeit einer solchen Meditation anzweifeln, aber sicherlich ist eine solche Form nicht für jeden geeignet, speziell nicht für Menschen mit mangelnder Ich-Stabilität. Leider fehlen jegliche Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen. Geradezu gefährlich erscheint mir die erste beschriebene Übung, eine Meditation im Sitzen, bei der die Energien im Zentralkanal nach oben in den Kopf gebracht und dort länger gehalten werden sollen. Dies ist sicher keine Übung für Anfänger oder für Menschen mit Bluthochdruck, Schwindel, Tinnitus und anderen Beschwerden. Dennoch sind die Übungen so beschrieben, dass sie zum Ausprobieren auffordern. Hier wünsche ich mir eine Überarbeitung des Buches, um Qigong allgemein und auch diese speziellen Übungen nicht in Verruf zu bringen.