Dieter Beh, Johannes Weingart:
Qigong & Osteopathie. Die ideale Kombination zur Selbsttherapie
BLV 2013, 128 Seiten, 12,99 EUR
ISBN 978-3-8354101-4-5
Was der Titel implizit verspricht, benennt Ulrich Pramann im pointiert geschriebenen Vorwort konkret: Ziel der Autoren sei es, »die beiden Methoden miteinander zu verbinden«.
Es finden sich schöne Ideen im Buch von Dieter Beh und Johannes Weingart. Etwa bei den vorausgeschickten Anleitungen für das Training, wo beispielsweise geraten wird darauf zu achten, dass man nicht Sklave seines Ehrgeizes wird, und wo auf die Möglichkeit hingewiesen wird, bei Müdigkeit die Übungen im Sitzen durchzuführen. Oder der Hinweis auf die positiven Wirkungen der Namen der einzelnen Brokatübungen auf das Unterbewusstsein. Es werden viele zentrale Themen des Qigong beziehungsweise der Osteopathie besprochen, wie »das Problem Sitzen«, »Blockaden im Zwerchfell«, es wird Grundwissen über Yin und Yang sowie über die Meridiane vermittelt, Übungsprinzipien wie Verwurzelung, Aufrichtung, Zentrierung werden kurz und bündig erklärt.
Mir dreht sich zwar immer ein wenig der Magen um, wenn von Qigong, das erst gegen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts seine heutige Form und seinen Namen erhielt, als von einer »jahrtausendealten Bewegungslehre« gesprochen wird, die sich »lange vor unserer Zeitrechnung im alten China entwickelt« habe, aber diese Ansicht ist weit verbreitet, und es handelt sich hier nun mal nicht um eine soziologisch-historische Untersuchung.
Formulierungen wie »Vor Lebensfreude sprühen und Vitalität ausstrahlen«, »um zu zeigen: Ich bin gesund, mir geht es gut« oder »Ihre Energiereserven innerhalb von Minuten wieder auffüllen« bergen in meinen Augen die Gefahr, aus einer innerlichen Kunst, deren nachhaltige Wirkungen die Frucht ausdauernder Bemühung sind, etwas zu machen, das im Dienst von Äußerlichkeiten steht. Ich unterstelle den Autoren keineswegs eine solche aus daoistischer Sicht recht entfremdete Orientierung an Äußerlichkeiten, würde mir aber etwas mehr Sorgfalt in den Formulierungen wünschen, da sonst das Gesamtkonzept seine Stimmigkeit einbüßt. Dazu gehört auch, dass die Grundstimmung einer Orientierung an Zieleffizienz (»Starten Sie durch«) in meinen Augen zu positivistisch beziehungsweise instrumentalistisch rüberkommt. Aber vielleicht ist es ja wirklich erst mal entscheidend, die Menschen dort abzuholen, wo sie stehen …
Im zentralen Qigong-Teil werden eine Variante der Brokatübungen sowie die Fünf-Elemente-Übung »Harmonie« gezeigt. Die Übungen werden gut nachvollziehbar beschrieben und in einer ebenfalls sehr gelungenen Bilderserie illustriert. Die Dame, die die Haltungen demonstriert, wirkt tatsächlich entspannt, geerdet, zentriert und aufrecht, was ich hier hervorheben möchte, weil das bei Qigong-Büchern leider keineswegs eine Selbstverständlichkeit ist. Ein, soweit ich sehen kann, von keiner eigenen Agenda beeinflusstes Adressverzeichnis, eine kurze Literaturliste und ein Stichwortverzeichnis runden das Büchlein ab.
Allerdings, und das ist der zentrale Kritikpunkt, stehen die Kapitel über Osteopathie und Qigong ganz unverbunden nebeneinander. Zwar wird bei einigen Qigong-Übungen kurz erwähnt, welche der osteopathischen Übungen dazu passen, aber das war’s dann auch schon. Das Kapitel »Wie steigert Osteopathie den Erfolg von Qigong?« beschreibt auf gerade mal vier Seiten die osteopathische Sicht auf Diaphragmen als potenzielle Energieblockaden, ohne dabei allerdings konkreten Bezug auf Qigong zu nehmen. Wer sich – wie ich – aufgrund des Titels und der genannten Ankündigungen erhofft hatte, etwas über den »gemeinsamen Weg« von Qigong und Osteopathie zu erfahren, was wesentlich darüber hinausgeht, dass es in beiden Disziplinen um das Auflösen von Blockaden geht, wird enttäuscht.
Letztendlich erfährt man bei der Lektüre sowohl etwas über Qigong als auch über Osteopathie. Wer einen allerersten Einblick in beide Disziplinen auf etwa 100 Seiten bekommen will, ist mit dem Bändchen nicht schlecht beraten.