TQJ 2/2021

Rezensent:
Georg Patzer

Bernadett Gera:
Die heilende Kraft des stillen Stehens. Blockaden lösen, Beweglichkeit fördern, Körperbewusstsein steigern – In Balance mit der chinesischen Stehmeditation
Irisiana 2021, 112 S., TB, € 10,
ISBN 978-3424153934

Einfach nur stehen – das klingt so … einfach. Oder langweilig. Weit gefehlt. Wir alle kennen diese Übung, die mal »Stehendes Qigong« heißt, »Den Baum umarmen«, »Stehen wie eine Säule« oder Zhan Zhuang. Es ist die eine grundlegende Übung für alle inneren Kampfkünste und Qigong, nach dem Motto: erst stehen, dann bewegen. Bekannt gemacht hat sie der Begründer des Yiquan, Wang Xiangzhai (1885 – 1963), der sie von seinem Lehrer Guo Yunshen gelernt hat. Guo Yunshen soll drei Jahre in Fesseln im Gefängnis verbracht haben und konnte außer Zhan Zhuang nichts anderes tun.

Wie auch immer die Legenden und Geschichten sind, ein neues, schmales Buch von Bernadett Gera erklärt minutiös die Übung des Zhan Zhuang, wie sie in der Schule von Chen Jumin geübt wird. Versiert schreibt sie über die Physiologie und die Psyche und ihre Veränderungen durch Zhan Zhuang. Sie beschreibt die Übungen so einfach und gut, dass man sofort loslegen oder nach einigen Jahren der Praxis sich noch den einen oder anderen Tipp abholen kann. Manchmal ist sie allerdings in der Theorie etwas ungenau, wie das häu g so ist, wenn Qigong-Autor*innen über »Feinstofflichkeit« oder Quantenmechanik schreiben.

Bernadett Gera erklärt die Grundlagen wie Atmung und Stand, das Prinzip von Anspannung und Entspannung und Kleinigkeiten wie die richtige Kleidung (bequem soll sie sein). Nach einigen Anmerkungen zur Praxis, der Handhaltung, dem Verlauf und der Dauer kommt sie auf die wichtige Rolle des Yi zu sprechen, bevor sie zunächst Vorübungen vorstellt: das »Stehen unter einem Wasserfall« zum Beispiel, »Fenster putzen« oder »Tisch abwischen«.

Auch die anschließenden sechs Hauptübungen werden präzise und knapp beschrieben: Wuji Zhuang, Chengbao Zhuang oder Xiuxi Zhuang, jeweils mit sehr schönen Hinweisen und Varianten, den typischen und sehr hilfreichen Yiquan-Visualisierungsübungen und oft in mehrere Stufen aufgeteilt. Zhan Zhuang gibt es sogar im Sitzen. Ihrem Fazit am Schluss des Buchs kann man da nur zustimmen: »Mit einer regelmäßigen Übungspraxis sollte der Impuls, beim Üben Muskeln einsetzen zu wollen, stetig geringer werden.« Was will man mehr? (Außer einen guten Lehrer oder eine gute Lehrerin …)