TQJ 03/2014

Rezensent:
Yürgen Oster

Gerhard Wenzel, Norbert Herwegh:
Im Fluss des Lebens – Der Entwicklungsweg im Qigong
Eagle Books 2014, 307 Seiten geb., 36,50 €
ISBN-13: 978-3-9813672-4-9

Vor mir liegt das Buch, welches zu schreiben ich vermieden habe. Warum habe ich das vermieden? Weil im Großen und Ganzen alles Grundsätzliche über Qigong schon geschrieben wurde, nur noch nicht von jedem. Nun haben Gerhard Wenzel und Norbert Herwegh es auch getan. Die beiden Autoren sind in Österreich sehr engagiert, haben dort eine nationale Qigong-Gesellschaft ins Leben gerufen und bilden seit vielen Jahren Menschen zu Kursleitern und Lehrern aus.

Das Buch wurde aus den Erfahrungen des Unterrichtens und den dabei verteilten Materialien entwickelt. Sicher sind auf diesem Weg auch viele Gedanken der Studierenden mit eingeflossen. So entsteht eine Lebendigkeit, die weit über das Auflisten altbekannter Fakten hinausgeht. Die Lesenden werden geradezu persönlich durch die Materie geführt. Auf jeden Fall hat die langjährige Erfahrung eine saubere, fast akademische Gliederung des Buchs erwirkt. Um es klar und deutlich zu sagen: Es ist ein gelungenes Buch.

Da es bei dem Buch nicht um eine bestimmte Qigong-Methode geht, sondern allgemein um den Entwicklungsweg, den Praktizierende nehmen können, werden die klassischen Themen von Anfang an in diesem Sinne besprochen. So wird vermieden, die Wirkung von Qigong als einen Teil der klassischen chinesischen Medizin zu beschreiben, wie es in vielen anderen Büchern der Fall ist.

Mit anschaulichen Beispielen werden die Funktionen des energetischen Körpers schrittweise verständlich. So geht es nach der Einleitung von Yin und Yang über die drei Schätze zu den fünf Elementen und die Strukturen der Leitbahnen zu den Speicherplätzen. Hier wurde es dann auch für mich interessant. Hatte ich bisher unter Speicherplätzen die drei Dantian und die sieben Po verstanden, also Bereiche, in denen Qi gespeichert werden kann, so meinen die beiden Autoren damit jene Zonen, in denen Blockaden, Staus oder Barrieren entstehen. Hier sehen sie die Hauptarbeit auf dem Entwicklungsweg, der in einem zweiten Band fortgesetzt werden soll.

Da die Autoren ankündigen, dort auf die Aspekte von Hun und Po einzugehen, hoffe ich, dass dann die indischen Chakren eingetauscht werden gegen die chinesischen Po. Einfach, damit man in einem System bleibt.
Die Ausstattung zeigt, was der Inhalt den beiden bedeutet. Zwischen einem soliden Hardcover finden wir gebundenes Kunstdruckpapier, und das wiegt. Ob das nötig war, sehe ich nicht. Die Grafiken wären auch auf normalem Papier gut zur Geltung gekommen. Zumal die im Kapitel über Yin und Yang sehr sympathischen Handzeichnungen, welche die verschiedenen Fülle- und Leerezustände zeigen. Solche Zeichnungen hätte ich mir durchgängig gewünscht. In dem Dia-gramm über die Gewinnung und den Verlauf des Qi im Menschen geht leider jedweder Überblick verloren. Das wäre besser auf mehrere Graphiken aufgeteilt worden. Die Kapitel sind in übersichtliche Abschnitte unterteilt, mit fetten Überschriften, die auch beim Blättern Gesuchtes schnell ins Auge springen lassen. Überhaupt ist das Buch gut lesbar gestaltet, in einer großen, aber feinen Grundschrift.

Das Buch ist solide und sein Geld wert. Es sollte bei allen, die Qigong besser begreifen oder vermitteln wollen, im Regal stehen.