TQJ 03/2002

Rezensent:
Helmut Oberlack

Rupert Shonaike
Tai Chi Chuan – Klassischer Yang-Stil,  Teil 1 und Teil 2
Tai Chi Benchmark Productions, Köln 2000, 2 Videos,  45 Minuten / 60 Minuten, Preis: ca. EUR 35,- und 49,-

Diese beiden Videos sind die ersten einer Reihe von insgesamt fünf, in der Rupert Shonaike vom Tai Chi Studio in Köln, einer der ersten Taiji-Unterrichtenden in Deutschland, die lange Form des Yang-Stils darstellt. Das erste Video beinhaltet den ersten Teil der Form bis zum Kreuz, das zweite geht bis zu den Figuren ”Die Beine (Füße) teilen, rechts und links” (Fußtritte links und rechts).
Die Gliederung beider Videos ist klar und übersichtlich: 1. Atmung, 2. die Form in Einzelbildern, 3. das Yin/Yang-Prinzip, 4. Centern der Form und 5. die Anwendung.
Für die Punkte 1 bis 3 wird der jeweilige Teil der Form in kurze Sequenzen aufgeteilt, die Rupert Shonaike vorführt und dabei zuerst angibt, wann ein- und wann ausgeatmet werden soll. Dabei wird erwähnt, dass die hier vorgestellte Weise nur ein Beispiel sei, feste Anweisungen gäbe es nicht. Anschließend werden die Bewegungsabläufe erklärt und schließlich noch einmal gezeigt, wobei den einzelnen Bewegungen Yin bzw. Yang zugeordnet werden.
Bei Punkt 4 zeigt Rupert Shonaike den kompletten Bewegungsablauf. Dabei legt ihm ein Schüler von hinten die Hände an die Hüften und folgt deren Bewegungen (im zweiten Video liegen die Hände auch mal auf den Schultern). Diese Übung soll helfen den Gleichgewichtssinn zu stärken, das Gefühl für Ruhe in der Bewegung zu fördern und das Zentrieren des Atems im Dantian erlauben. Bei Punkt 5, der Anwendung, heißt es, dass jede Bewegung fünf unterschiedliche Techniken aus der Kampfkunst beinhaltet: Arme und Hände für das Abwehren, Stoßen und Kontern, Beine und Füße für das Ausweichen, Kicken und Hindernisse zum Stolpern aufbauen, das Befreien aus Umklammerungen und Griffen, das Ringen und Werfen sowie die Verwendung von Druckpunkten. Rupert Shonaike demonstriert mit einem Schüler für jede Bewegung eine Anwendung, wobei nicht bei allen auch erklärende Worte erfolgen. So bleiben manche Anwendungen unklar bzw. erschließen sich nur denjenigen, die sie schon kennen.
Alle Punkte werden relativ kurz behandelt, manchmal zu kurz, so dass einzelne Abschnitte nicht wirklich deutlich werden, zum Beispiel das Centern (hier wird die Bedeutung des Körperzentrums behandelt) und das Yin/Yang-Prinzip. Hier wären ausführlichere Informationen hilfreich gewesen ebenso wie bei manchen Anwendungen. Es ist löblich, dass auf den Videos diese Themen angesprochen werden, aber sie bleiben zu unverständlich. Das Gleiche gilt auch für die Abschnitte zum Qigong und zum einhändigen Tuishou auf dem zweiten Video. Es wird hier nur ein kurzer Eindruck vermittelt, was Tuishou bzw. Qigong sein könnten. So hinterlassen diese Abschnitte einen unvollständigen Eindruck, der nach mehr Informationen verlangt. Es bleibt zu hoffen, dass in den noch kommenden Videos diese Bereiche intensiver behandelt werden, damit die jetzt entstandene Neugier gestillt werden kann.
Diese zu knappen Darstellungen mindern leider den guten Gesamteindruck, den die Videos auf mich hinterlassen haben. Das Konzept und die Einteilung sind gut und die gegebenen Erklärungen sind klar. Die gelungene Kameraführung mit Perspektivwechseln, vielen ruhigen Schnitten und die verschiedenen Orte – gedreht wurde auf der Museumsinsel Hombroich – lassen das Zusehen nicht langweilig werden. Unterstützt werden die schönen Bilder von der intensiven, aber unaufdringlichen Musik Paul Horns. Auch der zusätzliche Sprecher, der immer wieder Grundlegendes zur Bewegung, Körperhaltung, Atmung etc. einstreut, klingt sehr professionell. Den ZuschauerInnen werden so an keiner Stelle zu viele Informationen auf einmal zugemutet.
Fazit: Die Videos geben einen guten Einblick in den Yang-Stil. Sie sind sicherlich nicht für AnfängerInnen zum Lernen der Form bestimmt – wir wissen, die sollten eh´ nicht vom Video lernen … Aber für Taiji-Übende, insbesondere die des Yang-Stils, bieten diese Videos eine Menge Anregungen.