Stephan North:
Tai Chi
DA Music 2001, CD
Innerer Frieden/Inner Peace
DA Music 2005, CD
Nur weil Musik-CDs Taiji, Qigong oder Yoga im Titel tragen, müssen sie nicht unbedingt wirklich was mit diesen Übungsdisziplinen zu tun haben. Zunächst einmal sagt es nur: der Komponist war vielleicht der Meinung, seine Musik eigne sich als Hilfestellung fürs Üben. Vielleicht aber meinte auch nur die Marketingabteilung des Labels, der Sound ließe sich unter der Überschrift gut verkaufen.
Ich entdeckte beim Label DA Music, das unter der Headline »inbalance« CDs für den Wellness-Sektor herausbringt, diverse CDs dieser Art von einem Musiker Namens Stephan North – über den ich aber ansonsten keine Infos finden kann. Eine CD trägt den Titel »Tai Chi«, eine andere »Innerer Friede«. Na, dann bestelle ich mal …
Die »Tai Chi« CD scheint meinen »Verdacht« zu bestätigen: Was dort über Taiji steht, ist recht oberflächlich und ordnet Taiji als »tiefgreifende Entspannungsmethode« ein, die »früher mal« Kampfkunst war. Die Musiktitel tragen schöne Namen (Meridianlinien, Phasen des Wechsels, Erd-Element, Yin & Yan etc.), die Musik selbst ist echter Wellness-Praxis-Hintergrund-Sound: viel schwebender Synthesizer-Klang, Flöten, Glöckchen, Xylophon, leicht asiatelnd. Kann man mögen, muss man nicht. Für meinen Geschmack sind die Stücke mehrheitlich auch zu rhythmusstark, um beim Taiji-Üben zu begleiten. Wer allerdings seine Taiji-Form »tanzen« möchte – sich von einem spielerisch-sphärischen Sound und einem Impulse setzenden Rhythmus tragen lassen will – dem kann das gefallen.
Überraschen tut mich die zweite CD: »Innerer Frieden«. Kein gängiger Wellness-Sound, keine einlullenden, netten kleinen Melodien, keine zwingenden Rhythmen. Diese Musik entzieht sich jeder Einordnung. Sie hat etwas von Filmmusik: atmosphärisch, eher einen Hintergrund bildend, auf dem anderes erscheinen oder verstärkt sichtbar werden kann. Ich fühle mich auch an freie Improvisationen mit der Zen-Flöte erinnert …
Stephan North hat hier durchgängig Gitarre und Konzertflöte verwendet. Auf einen unaufdringlichen, schwebenden Hintergrund gesetzt, umspielen sich diese beiden Instrumente von Stück zu Stück, scheinen nur ihrer eigenen, sich wie selbst erzeugenden Tonfolge zu folgen und doch kommunizieren sie. Aber niemals entsteht ein festes Gefüge, an das sich der Geist festklammern könnte. Dies ist Klang, der zum reinen Lauschen einlädt – in die Präsenz, den Augenblick. Eine solche Musik eignet sich durchaus zum Hinleiten in einen meditativen Bewusstseinszustand. Insofern mag sie sich für manche Übungssituationen hilfreich einsetzen lassen. Und sei es nur zum Sitzen in der Stille – beziehungsweise im Lauschen.
Beide CDs sind so eingespielt, dass die einzelnen Stücke nahezu nahtlos ineinanderfließen. Das macht sie als Hintergrundmusik fürs Üben oder den Unterricht praktisch – da man sie anmachen und in beliebiger Länge laufen lassen kann.
Wer gezielt Musik von bestimmter Länge einsetzen will, hat es ein wenig schwerer, denn die Laufzeiten der einzelnen Stücke sind nicht angegeben. Schade, nicht nutzerfreundlich. Der Produzentenfokus lag wohl doch eher auf »durchdudelnder« Hintergrundmusik für Wellness-Locations oder Leute, die gestresst an ihrem PC sitzen und hoffen, dass sich Entspannung so – nebenbei – einstellen wird.