Splitter und Balken auf dem Weg zum Dao – Über die Arbeit mit dem Schatten des Lehrer/Schüler-Verhätnisses in den fernöstlichen Kunstformen
Von Paul Shoju Schwerdt
Das Verhältnis zwischen LehrerInnen und SchülerInnen sollte gerade auch in so körperbetonten Künsten wie Qigong und Taijiquan immer wieder reflektiert werden. Dass es im Laufe von Lernprozessen zu Projektionen kommt, ist üblich und kann, vor allem wenn eigene »Schatten« nicht integriert sind, auf beiden Seiten zu erheblichen Problemen führen. Wie Paul Shoju Schwerdt darstellt, wird es besonders kritisch, wenn es über die Vermittlung der eigentlichen Kunst hinaus zu »therapeutischen« Interventionen oder Einführungen in tiefe spirituelle Bereiche kommt, ohne dass aufseiten der unterrichtenden Person eine entsprechende Qualifikation besteht. Ein generelles Verbot intimer Beziehungen zwischen LehrerInnen und SchülerInnen erscheint unrealistisch; um hier missbräuchliche Situationen zu vermeiden, ist es jedoch wichtig, das solche Beziehungen offen und gleichrangig geführt und nicht durch irgendwelche Lehrinhalte begründet werden.
Geliebt und verstoßen
Der folgende Bericht, den wir auf Wunsch der Autorin anonym veröffentlichen, gibt ein deutliches Beispiel für eine missbräuchliche Lehrer-Schüler-Beziehung. Er zeigt die Dynamik beiderseitiger Projektionen sowie eine übergriffige Einflussnahme des Lehrers auf das Privatleben seiner SchülerInnen.
Die Mitte und das Ganze – Was geschieht, wenn ich wirklich anwesend bin?
Von Dr. Zuzana Sébkova-Thaller
In östlichen Traditionen wird durch Meditation versucht, zu einer unbeteiligten Beobachtung zu kommen – sei es der eigenen Gedanken oder anderer Phänomene. Im westlichen Denken steht das Ich im Mittelpunkt, getrennt von der übrigen Welt, die es – wie Zuzana Sébkova-Thaller hier darlegt – durch seine geschichtlich geprägte Sichtweise objektivierend wahrnimmt. Die Autorin sucht nach einer Verbindung beider Geistestraditionen, die eine gestaltende Lebensperspektive aus der Erkenntnis der eigenen Verbindung mit allem anstrebt. Ihr Weg führt über eine tiefe Wahrnehmung der eigenen Gestalt mit ihren drei Hauptachsen, der lebenspendenden Bewegung des Atems und des Herzens als Verbindungspunkt der Achsen und alles verwandelnden Kraft.
Xiong-Stil Taijiquan
Beispiel einer umfassenden Überlieferung des frühen Yang-Stils
Von Michael A. DeMarco
Xiong-Stil ist ein Zweig des Taijiquan, der außerhalb von Taiwan wenig bekannt ist. Er geht auf Xiong Yanghe (1888 – 1981) zurück, bietet jedoch nach den Recherchen von Michael A. DeMarco vor allem einen Einblick in die frühe Ãœberlieferung des Yang-Stils, die hier in umfassender Form fortgeführt wird. Der Autor fasst die soziopolitischen Bedingungen zusammen, unter denen sich das Taijiquan im 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in China entwickelt hat, in einer Zeit, die geprägt war von inneren und äußeren Kriegen, Hungersnöten, politischen Unruhen, Demoralisierung – dem Niedergang des einst so mächtigen und kulturell überlegenen chinesischen Reichs. Er macht damit zwei Aspekte deutlich, die für die Entwicklung des Taijiquan ausschlaggebend wurden: die Notwendigkeit einer effektiven Selbstverteidigung und den Wunsch nach allgemeiner Selbststärkung. Taijiquan ist daher sowohl Kampfkunst als auch Gesundheitsübung.
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Mitfühlen und teilhaben
Interview zu Sterbebegleitung mit Qigong mit Isolde Schwarz
Obwohl wir alle wissen, dass wir sterben werden, sind Tod und Sterben in unserer Gesellschaft Tabuthemen. Isolde Schwarz hat eine buddhistisch geprägte Ausbildung zur Sterbebegleiterin durchlaufen und verbindet diese ehrenamtliche Arbeit mit ihrem Wissen und ihren Erfahrungen als Qigong- und Taijiquan-Lehrerin. Im Interview mit Almut Schmitz und Dietlind Zimmermann beschreibt sie ihre Sicht von Sterbebegleitung und die Rolle, die Qigong dabei spielen kann. Gerade wenn eine verbale Kommunikation schwierig ist, können positive Vorstellungsbilder Energie mobilisieren und von Angst, Schmerz und Unsicherheit entlasten.
Durch Kampfkunst das Leben verstehen
Gespräch mit Luis Molera und Georg Meindl
Der Linzer Taiji-Lehrer Rado M. Radanovic führt in unregelmäßigen Abständen sogenannte »Budogespräche« mit namhaften Kampfkunstlehrern. Im Oktober 2010 sprach er mit Luis Molera und Georg Meindl über die Bedeutung von Meistern und Meistertiteln, Formen und die Kunst, die über die Beherrschung von Techniken hinausgeht. Beiden Gesprächspartnern geht es letztlich darum, den Sinn des Lebens zu verstehen.
Serie: Die Schönheit
Von Wang Ning
Der Begriff »Schönheit« bezieht sich im Chinesischen auf das, was wir gerne sehen, hören und fühlen möchten, und zwar möglichst lange, daher möchten wir es sogar besitzen. Wang Ning zeigt, dass Schönheit eng verbunden ist mit Macht, obgleich viele ihrer Aspekte durch weibliche Attribute dargestellt werden. Am Ende der Schönheit finden wir die Perfektion.
Event: Perspektiven und Praxis einer neuen Bewusstseinskultur
Kongress zur Meditations- und Bewusstseinsforschung
16./17. November 2010 in Berlin
Zu dem Kongress eingeladen hatten Dr. Edda Gottschaldt von der Oberberg Stiftung, deren Ziel die Förderung der Integralen Heilkunst ist, und Paul J. Kohtes von der Identity Stiftung, die sich der Wissenschaftsförderung widmet, in Zusammenarbeit mit der Willigis-Jäger-Stiftung West-Östliche Weisheit. Er sollte den aktuellen Erkenntnisstand der Forschung in den Neurowissenschaften, der Psychologie, der Medizin, der Philosophie und der Religionswissenschaft zusammenführen. Vera Kaltwasser gibt einenÜberblick über die interessanten Beiträge.
Titelfoto: Loni Liebermann